Mit der Rückflaggung des Autotransporters MS PATARA von der gibraltarischen in die deutsche Flagge hat die Reederei F. Laeisz als erstes Schifffahrtsunternehmen begonnen, dem krisenbedingten Abwärtstrend der deutschen Flagge entgegenzuwirken. Mit der Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts auf 100 % für die an Bord beschäftigten Seeleute zum 1. Juni und der in Kürze wirksam werdenden Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung können deutsche Reeder ihre Schiffe unter deutscher Flagge wirtschaftlicher betreiben.
„Wir bekommen jetzt frischen Wind für die deutsche Flagge – und damit für die Beschäftigung von deutschen nautischen und technischen Offizieren an Bord“, sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder (VDR). „Die deutschen Reeder werden ihrer Verantwortung gerecht, unter den nun verbesserten Bedingungen für die deutsche Flagge das Know-how der einheimischen Seeleute für den Standort Deutschland in schwierigen Zeiten zu sichern.“
Nikolaus H. Schües, Inhaber der Reederei F. Laeisz und Mitglied des VDR-Verwaltungsrates sagte anlässlich der Einflaggung: „Die klugen politischen Entscheidungen geben uns in der schweren Krise Handlungsspielraum und schaffen neue Perspektiven für deutsche Seeleute. Wir freuen uns sehr, dass wir mit der MS PATARA das erste Schiff unserer Flotte zurück unter die deutsche Flagge bringen und die Arbeitsplätze von deutschen Offizieren an Bord erhalten können. Die Reederei F. Laeisz wird im Juni drei weitere Autofrachter einflaggen, von denen zwei als Ausbildungsschiffe angemeldet werden sollen, um Schiffsmechaniker auszubilden.“
Die Live-Videoschaltung aus Hamburg auf die MS PATARA im Hafen von Zhoushan (China) verfolgte auch Rüdiger Kruse, Beauftragter für maritime Wirtschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: „Unsere politischen Maßnahmen zum Erhalt der deutschen Flagge zeigen jetzt Wirkung. Das ist nicht nur ein norddeutsches Thema. Zukunftsorientierte und konkurrenzfähige Unternehmen im ganzen Land benötigen erfahrene Seeleute, die in Reedereien, bei Zulieferbetrieben, im Schiffbau, bei Dienstleistern, bei Behörden und vielen weiteren Stellen ihr erworbenes Fachwissen einsetzen.“
Ebenfalls äußerte sich der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, der sich innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion für eine attraktivere deutsche Flagge starkgemacht hatte: „Wer die deutsche Flagge sichert, der sichert maritime Ausbildung und Arbeitsplätze am Standort Deutschland. Mit der Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts haben wir ein wichtiges Instrument genutzt, um den Wettbewerbsnachteil der deutschen Flagge im Vergleich zu anderen europäischen Flaggen zu reduzieren und die Beschäftigung unter deutscher Flagge zu fördern.“
Weitere deutsche Reeder haben bereits angekündigt, wieder mehr Schiffe unter die deutsche Flagge bringen zu wollen. So hat die Offen Gruppe in Hamburg sofort auf das Inkrafttreten des vollen Lohnsteuereinbehalts reagiert. Am 2. Juni wird das Flaggschiff der Offen-Containerflotte, die unter dem Charternamen MSC GENOVA fahrende CPO GENOVA (14.000 TEU), in Singapur unter die deutsche Flagge zurückgeflaggt. Gleichzeitig werden ein deutscher Kapitän und fünf deutsche Offiziere das Schiff übernehmen.
In einem Gespräch mit dem Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse sagte Claus-Peter Offen, geschäftsführender Gesellschafter der Offen Gruppe: „Wir wollen mit der Rückflaggung zeigen, dass wir auf die klugen von der Politik auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur Arbeitssicherung unseres deutschen Seepersonals rasch reagieren. Unsere Containerschiffsflotte fährt schon heute zu einem überdurchschnittlichen Prozentsatz deutsche Flagge. Weitere Schiffe werden folgen.“
Die hohen Lohnnebenkosten und starre Beschäftigungsvorgaben für europäische Seeleute hatten in der seit 2008 andauernden Schifffahrtskrise zu einem starken Rückgang der deutschen Flagge auf 186 Schiffe – bei einer Handelsflotte von 2.995 Schiffen – geführt (Stand: 30. April 2016). Allein in den vergangen zwei Jahren haben rund 10 % der deutschen Seeleute ihren Arbeitsplatz verloren.