Ein Tonnenleger mit Mehrwert
Neues Spezialschiff SCHILLIG wird auf der Jade für viele verschiedene Aufgaben eingesetzt
Heute Vormittag ist der neue Tonnenleger SCHILLIG durch Taufpatin Ulrike Wagner, Ehefrau des Wilhelmshavener Oberbürgermeisters Andreas Wagner, offiziell getauft worden. Zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung waren zum Nassauhafen gekommen, um bei der feierlichen Veranstaltung mit dabei zu sein. Auch Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, war aus Berlin angereist, um das neue Schiff des Wasser- und Schifffahrtsamtes Wilhelmshaven in Augenschein zu nehmen.
Ferlemann: “Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung braucht leistungsstarke und moderne Schiffe. Nur so können wir sicherstellen, dass die Wasserwege für die Schifffahrt rund um die Uhr nutzbar sind. Gerade dann, wenn wie hier auf der Jade die internationale Schifffahrt mit Kohlefrachtern, Öltankern und Containerschiffen unterwegs ist. Unser Multitalent SCHILLIG wird den Service für unsere maritimen Kunden deutlich verbessern.“
Zu den Hauptarbeiten der SCHILLIG gehören das Auslegen, Einholen, Transportieren und Bearbeiten von über 400 Seezeichen (z.B. Fahrwassertonnen, Pr icken) im Jadebusen und in den ostfriesischen Watten. Zudem kann das Schiff für Material- und Personentransporte, Verkehrssicherungsaufgaben, Hindernisbergung und Hilfsdienste bei Havarien eingesetzt werden.
Die Besonderheit der SCHILLIG liegt darin, dass sie darüber hinaus gewässerkundliche Aufgaben wahrnehmen kann. Sie bestimmt Wasserstand, Strömung und Trübung der Jade und entnimmt Wasser- und Gewässergrundproben, die dann in einem bordeigenen Labor weiter ausgewertet werden können. „Die SCHILLIG hilft uns, das komplexe System Wasserstraße besser zu verstehen. Das ist wichtig, denn damit können wir auch zukünftig ökologische und ökonomische Bedürfnisse in Einklang bringen“, betonte Ferlemann.
Die SCHILLIG hat einen Tiefgang von nur 1,60 Meter und kann sowohl im Seebereich als auch im flachen Wattfahrwasser arbeiten.
Planung, Entwurf, Ausschreibung und Bauabwicklung des Schiffsneubaus ist durch die Fachstelle Maschinenwesen Nord, Rendsburg als Auftraggeber erfolgt. Nach Gewinn der europaweiten Ausschreibung und der Auftragsvergabe an die Firma Fassmer wurde die SCHILLIG auf der Bauwerft in Berne gebaut. Das Schiff ist als letztes von insgesamt drei Tonnenlegern von der Fassmer Werft im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung abgeliefert worden. Der Bund investiert rund 40 Millionen Euro in dieses Beschaffungsprogramm. Ziel dabei ist es, den Betrieb und die Unterhaltung von schwimmenden Schifffahrtszeichen effektiv und wirtschaftlich zu halten. So können dank der Mehrzweckeigenschaften des Neubaus SCHILLIG drei alte Wasserfahrzeuge außer Betrieb genommen werden.
Hintergrundinformationen:
Der Tonnenleger SCHILLIG kostet rund 11,9 Millionen Euro und ersetzt beim Wasser- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven den mehr als 40 Jahre alten gleichnamigen Tonn enleger SCHILLIG, das Messschiff MINSENER OOG sowie das Motorboot BLAUE BALJE.
Im Gegensatz zur alten SCHILLIG befindet sich das Arbeitsdeck hinten. Der Kran an Bord kann 8,5 Tonnen heben und bietet dementsprechend genügend Kapazitätsreserven, um den gegebenen Arbeitsbelastungen gut gewachsen zu sein.
Die SCHILLIG erreicht mit einer Antriebsleistung von 2 x 375 kW (2 x 510 PS) eine Geschwindigkeit von 11,5 Knoten (ca. 21 km/h) und besitzt durch die beiden VOITH-Schneider-Propeller eine sehr hohe Manövrierfähigkeit. Die vorn angeordnete Brücke ist mit modernster Steuerungs- und Überwachungstechnik ausgestattet und bietet eine sehr gute Rundumsicht. Die zwei zum Arbeitsdeck hin ausgerichteten Nebensteuerstände ermöglichen es, dass die Arbeiten an Deck von der Brücke aus gut beobachtet werden können und durch gezielte Fahrmanöver unterstützt werden.Das Schiff wird mit einer Besatzung von 6 Mann gefahren.
Entwurf / Konstruktionsanforderungen:
Das gewählte Schiffskonzept sieht einen robusten flachgehenden Verdrängerrumpf mit sehr guter Manövrierfähigkeit, Wattentauglichkeit und ein auf das Einsatzgebiet abgestimmtes Seegangsverhalten vor. Die Form des Schiffes gewährleistet die Möglichkeit des Trockenfallens im Wattenmeer. Die guten Stabilitätswerte erlauben ein sicheres Arbeiten auf See, auch im Kranbetrieb. Zur Verbesserung und Optimierung der
Manövrierfähigkeit ist im Vorschiff ein leistungsfähiges Querstrahlruder eingebaut. Der Schiffskörper besteht aus Stahl, die Aufbauten und das Steuerhaus bestehen aus seewasserbeständigem Aluminium. Aus wirtschaftlichen Gründen wird die Hauptmaschinenleistung auf max. 2 x 375 kW begrenzt.
Einrichtung:
Die Einrichtung ist auf 2 Decks aufgeteilt. Im Zwischendeck befinden sich 6 Kammern mit insgesamt 7 Schlafmöglichkeiten sowie 2 Nasszellen mit Duschen für die Besatzung. Auf dem Einrichtungsdeck sind der Ölzeug-und Umkleideraum, ein WC, eine vollausgestattete Küche und eine große Messe/Schulungsraum mit Beamer und Leinwand angeordnet. Auf dem Hauptdeck sind der gewässerkundliche Raum (Labor) sowie eine Deckswerkstatt zu finden.
Antriebsanlage / Hilfsbetriebssysteme:
Die Antriebsanlage umfasst 2 Antriebsstränge mit Hauptantriebsmotoren der Firma MAN vom Typ D2842 LE419 mit einer Leistung von je 375 kW bei 1522 1/min sowie 2 Schiffswende-/Untersetzungsgetriebe vom Typ ZF 3000 (Untersetzung i = 2,5:1), die über starre Wellen mit den zwei Voith-Schneider Propellern vomTyp R16 R5EC/120-1 verbunden sind. Für die Versorgung des Bordnetzes stehen folgende Hilfsdiesel zur Verfügung:
- 2 x Dieselgeneratoraggregat, MAN, Typ D2866 LXE30, 244 kW/1500rpm
- 1 x Dieselgeneratoraggregat, Deutz, Typ BF 4M 1013M, 77kW/1500rpm
Das elektrisch angetriebene Bugstrahlruder der Firma Schottel (Typ STT 110 FP) leistet einen Schub von 27 kN.
Ausrüstung:
Die Ausrüstung des Tonnenlegers beinhaltet unter anderem ein Bereitschaftsbootdavit der Firma Fassmer vom Typ FSAR 14/3,5HS und ein Bereitschaftsboot der Firma Deutsche Schlauchboot vom Typ DSB 5.1 SR.
Auf dem Hauptdeck wurde ein leitungsstarker Arbeitskran (SWL 8,5t) der Firma HMB Lintec installiert, der für jegliche Arbeiten mit Seezeichen zur Verfügung steht. Er verfügt über eine Seegangsfolgeeinrichtung für ein sicheres Arbeiten an den Tonnen, sowie über einen Teleskoparm mit einer Reichweite von bis zu 15m, um einen größt möglichen Aktionsradius zu erhalten. Des Weiteren sind auf dem Arbeitsdeck zwei Verholspille (Typ 54-80/ Typ 56-9) der Firma Steen, zwei Tonnensliphaken mit einer Haltekraft von je 5t, insgesamt vier Kettensliphaken sowie zwei Drahtklüsen angeordnet. Auf dem Hauptdeck ist ein Raster aus Laschtöpfen und Containerfundamenten zur Befestigung von Seezeichen,
Anker steinen und für die Aufnahme von bis zu 2 Standard-Containern (20ft.) vorgesehen. Das Hauptdeck ist mit Kiefernholz als Verschleißschicht belegt.
Elektrotechnik / Nachrichtentechnik:
- Radaranlage und Elektronische Seekarte von der Firma SAM, Typ Multiplot/Chartpilot 1100
- Kreiselkompass-Anlage von der Firma Raytheon Anschütz, Typ Standart 22
- Selbststeueranlage von der Firma Raytheon Anschütz, Typ NautoPilot 2015
- Fahrtmess-Anlage von der Firma Sperry Marine, Typ Naviknot 350
- DGPS-Navigationsanlage von der Firma Saab, Typ R4
- DGPS-System zur Seezeichenpositionierung von der Firma Toles
- Navtex-Anlage von der Firma Furuno, Typ NX-700B
- Digitale SAT-TV-Anlage von der Firma Sailor, Typ 60
- AIS Transponder System von der Firma SAM, Typ 3410
- UKW-Seefunkanlagen von der Firma Sailor
- Pegeldatenfunkempfänger von der Firma Kuhnt
- Vermessungslot von der Firma Dr. Fahrenholz, Typ LituGraph XL 15/200
- Navigationslot von der Firma JRC, Typ JFE 380-25