3. Praxisworkshop „Notfall-Zahnmedizin für Humanmediziner“ vom 6.-7. März in Kiel
Zahnschmerzen und der nächste Zahnarzt zehn Tage entfernt!
Dieses Szenario können oder mögen sich die Wenigsten vorstellen. Eine solche Situation ist aber auch für viele Ärzte in unserem von sehr guten Versorgungsstrukturen verwöhntem Land eine eher unangenehme Vorstellung. Und dennoch begeben sich zunehmend mehr Menschen in Situationen, in denen Ihnen genau das passieren kann. Egal ob sie ihren Urlaub an Bord eines Kreuzfahrtschiffs verbringen oder sich bei Expeditionsreisen fern jeglicher Zivilisation aufhalten.
Auf allen Kreuzfahrtschiffen und auf vielen Forschungsschiffen gibt es inzwischen sehr gut ausgebildete Fachärzte. Aber Zahnärzte? Im Idealfall befindet sich ein hilfsbereiter Zahnarzt unter den Passagieren an Bord. Wenn nicht, dann muss die Erstversorgung durch den Schiffsarzt erfolgen. Und ähnlich wie der Patient, dem in seiner Not – und wer Zahnschmerzen kennt, kann das nachvollziehen – nicht geholfen wird, fürchtet der verantwortungsvolle Arzt vor Ort die Hilflosigkeit in dieser Lage.
Dabei können Ärzte nicht nur an Bord von Schiffen in die Situation geraten, in der sie als einzige Mediziner weit und breit auch bei zahnmedizinischen Notfällen Hilfe leisten müssen. Auch ärztliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, die in Krisengebieten oder in der Entwicklungshilfe tätig werden, können gezwungen sein, mit einfachen Mitteln eine Diagnose stellen zu müssen und eine zahnärztliche Notfalltherapie zu beginnen, bis ein erfahrener Zahnarzt zur Verfügung steht.
Um Humanmedizinern ein wenig die Berührungsängste vor dem zahnmedizinischen Notfall zu nehmen und damit potentiellen Patienten in Extremsituationen ohne Zahnarzt die Leidenszeit zu verkürzen, bietet die Kieler Schiffsarztlehrgang GbR mit mehreren erfahrenen Referenten bereits zum dritten Mal einen zweitägigen Praxis-Workshop „Notfall-Zahnmedizin für Humanmediziner“ an, der in dieser Art in Deutschland wohl einzigartig sein dürfte. In dieser ärztlichen Fortbildung werden den Teilnehmern für Ihre Tätigkeit, an Bord oder unterwegs in der Welt, hilfreiches Wissen und eine Vielzahl an Praxistipps vermittelt. In mehreren Übungsblöcken werden Fertigkeiten am Modell und am Phantomkopf gelehrt und geübt. Immer mit dem Ziel vor Augen den sinnvollen Respekt vor dieser diffizilen Aufgabe zu behalten aber die Berührungsangst vor dem zahnmedizinischen Notfall zu vermindern um handlungsfähig zu sein.
Denn die Eröffnung und damit Druckentlastung eines entzündlich veränderten Zahns ist eine der wenigen Situationen, in denen ein Patient freudestrahlend nach der Behandlung ruft: „Er hat gebohrt!“. Dr. Stefan Osbahr, Chirurg aus Hamburg, hat dieses Glücksgefühl mit einem Patienten auf einem Forschungsschiff vor Neufundland erlebt: Der Bordelektriker litt unter einer qualvollen Entzündung im Zahn, die drohte, sich auf den Kiefer auszubreiten. „Ohne das Notfall-zahnmedizinische Training in dem kurz zuvor in Kiel absolvierten Schiffsarztlehrgang hätte ich mich nicht an einen Zahn heran getraut. Der Patient war dankbar und der weiter betreuende Zahnarzt mit meiner Arbeit zufrieden.“
Die zweitägige Veranstaltung ist von der Landesärztekammer Schleswig-Holstein mit 19 Fortbildungspunkten anerkannt und wird in Zusammenarbeit mit der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Kiel durchgeführt. Jeder Teilnehmer kann die praktischen Aufgaben an einem eigenen Arbeitsplatz unter fachkundiger Anleitung erfahrener Zahnmediziner trainieren. Daher sind die Lehrgangsplätze limitiert. Weiterführende Informationen und Anmeldung unter: www.schiffsarztlehrgang.de
Hintergrundinformationen über die Schiffsarztlehrgang GbR:
Die Schiffsarztlehrgang GbR wurde im Jahr 2012 gegründet und ist eine Unternehmung dreier Freunde und Experten aus dem Herzen der Maritimen Medizin. Als in der maritimen Szene erfahrene und geschätzte Fachleute wurden sie 2011 angesprochen, ob sie nicht eine zivile Variante des bekannten Schiffsarztlehrgangs der Marine entwickeln und anbieten möchten, da dieser Lehrgang für Zivilisten nicht mehr angeboten wird. Gemeinsam mit vielen erfahrenen Kollegen aus der maritimen Branche und bekannten Fachleuten aus den verschiedensten wichtigen Themenbereichen haben sie sich viel Zeit genommen, um in aller Sorgfalt ein ausgewogenes Konzept zu entwickeln. Seit Anfang 2012 bieten sie erstmals nach den berühmten “Vorlesungen für Schiffsärzte”, die Professor Bernhard Nocht vor einhundert Jahren in Hamburg abhielt, wieder eine zivile Fortbildungsreihe für Schiffsärzte an.
Frau Bettina Gau ist Ärztin und Konstruktionsmechanikerin für Metall- und Schiffbautechnik. Sie war mehrere Jahre als Hafenärztin in Hamburg tätig und hat dort umfangreiche Erfahrungen im Bereich der medizinischen Versorgung auf Schiffen und im Umgang mit Infektionserkrankungen an Bord von Schiffen und Flugzeugen sammeln können. Sie ist Spezialistin im Bereich der Schiffshygiene und hat umfangreiche reisemedizinische Erfahrung. Sie war als Beraterin der Weltgesundheitsorganisation tätig, ist Mitinitiatorin und eine der Hauptreferentinnen des Schiffsarztlehrgangs.
Dipl.-Ing. Christoph Sevenich ist geschäftsführender Gesellschafter und für die Lehrgangskoordination zuständig. Er ist Ingenieur der Medizintechnik und als erfahrener Rettungsassistent langjährig in der Notfallmedizin tätig. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Maritime Medizin e.V., Mitglied der International Maritime Health Association, hat mehrere Jahre als Wissenschaftler in der schifffahrtsmedizinischen Arbeitsgruppe des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin in Hamburg und auch als Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gearbeitet und ist Trainer für das EU-Projekt ShipSan (Hygiene auf Kreuzfahrtschiffen). Zudem ist er als Inhaber und Geschäftsführer seines Ingenieurbüros ein anerkannter Experte in der Maritimen Medizin, der Schiffshygiene und der Trinkwassersicherheit auf Schiffen.
Dr. med. Frank Heblich ist Mitglied der Sektion Maritime Medizin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und wissenschaftliche Leiter des Schiffsarztlehrganges. Er ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin und betreut in dieser Funktion verschiedene Schiffsbesatzungen und Forschungsprojekte. Er ist außerdem Sport- und Flugmediziner, sowie einer der ersten drei Absolventen, denen das Zertifikat “Maritime Medizin” der Ärztekammer Schleswig-Holstein zuerkannt wurde. Als Schiffsarzt ist er einige Jahre auf verschiedenen militärischen und zivilen Schiffen zur See gefahren und hat seine Erfahrungen bereits in mehreren zivilen und militärischen Kursen der „Maritimen Medizin” an zukünftige Schiffsärzte weitergegeben.