Eilantrag gegen Elbvertiefung erfolgreich – Statements aus Wirtschaft, Politik und Behörden
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat dem Eilantrag von zwei anerkannten Natur- und Umweltschutzvereinigungen (NABU und BUND) gegen den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe für 14,5 m tiefgehende Containerschiffe stattgegeben. Damit darf – abgesehen von Maßnahmen zur Umsetzung des Ufersicherungskonzepts Altenbrucher Bogen und zur Baufeldräumung – nicht mit Arbeiten zur Vollziehung des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses begonnen werden. Der ergangene Gerichtsbeschluss bedeutet keine Vorentscheidung über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens.
Mit dem Ausbau der Fahrrinne von Unter- und Außenelbe zwischen dem Hamburger Hafen und der Elbmündung sollen die seeseitigen Zu- und Abfahrtsbedingungen des Hamburger Hafens an die Erfordernisse der modernen Containerschifffahrt angepasst werden. Mit ihrer Klage machen die Vereinigungen geltend, das Vorhaben verstoße gegen zwingende Vorschriften des Gewässer-, Gebiets- und Artenschutzrechts.
Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung über den Baustopp aufgrund einer Interessenabwägung getroffen: Der Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache ist offen. Die Klage wirft eine Vielzahl zum Teil schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Fragen auf, die neben dem Gewässerschutz vor allem den Gebiets- und Artenschutz betreffen und erst im Hauptsacheverfahren verlässlich geklärt werden können. Unter diesen Umständen ist es trotz des öffentlichen Interesses an einem zügigen Baubeginn vordringlich, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, die die Beeinträchtigung gewichtiger, auch unionsrechtlich geschützter Gemeinwohlbelange zur Folge haben könnten. Angesichts des substantiierten Vorbringens der Antragsteller lässt sich nicht mit der nötigen Sicherheit feststellen, dass die durch die Initialbaggerung und die sonstigen strombaulichen Maßnahmen ausgelösten morphologischen Veränderungen und morpho- bzw. hydrodynamischen Auswirkungen bei Einstellung der Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen ohne Weiteres reversibel sind.
Statement der Hamburger Hafenwirtschaft zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Elbvertiefung
Mit der heutigen Entscheidung, den Eilanträgen gegen den Planfeststellungsbeschluss zur Fahrrinnenanpassung stattzugeben, hat das Bundesverwaltungsgericht keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern wie in anderen infrastrukturellen Großverfahren auch, eine Entscheidung in das Hauptsacheverfahren verschoben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung mit den umfangreichen technischen und rechtlichen Fragen begründet. Dies ist zu respektieren. Positiv zu vermerken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht die vorbereitenden Maßnahmen, wie zum Beispiel die Umsetzung des Ufersicherungskonzeptes am Altenbrucher Bogen sowie die Baufeldräumung, ausdrücklich zulässt.
Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt, dass das Planungsrecht durch den Gesetzgeber zu komplex ausgestaltet worden ist, um zeitnahe Entscheidungen in für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wichtigen Infrastrukturvorhaben zu erreichen. Auch der notwendige Infrastrukturausbau im Zusammenhang mit der Energiewende wird vor diesem Hintergrund nicht zeitgerecht erfolgen können. Eine grundlegende Überarbeitung des Planungsrechts für Infrastrukturvorhaben ist dringend erforderlich.
Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg e.V.: „Die Hamburger Hafenwirtschaft zeigt Verständnis dafür, dass die Maßnahme vom Bundesverwaltungsgericht sorgfältig geprüft wird. Jetzt kommt es allerdings maßgeblich darauf an, dass in der Sache schnell entschieden wird. Ein Rechtsstaat zeichnet sich auch dadurch aus, dass notwendige Entscheidungen zeitnah getroffen werden. Dass dieses möglich ist, hat das Bundesverfassungsgericht bei den Entscheidungen zum Europäischen Fiskalpakt und zu Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro bewiesen.“
Quelle: Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH)
Den Eilbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts zur Fahrrinnenanpassung der Elbe kommentiert auch Wirtschaftssenator Frank Horch:
„Es handelt sich um eine vorläufige Entscheidung. Über die Zulässigkeit der Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe wird das Gericht im Hauptsacheverfahren entscheiden. Allerdings können die schon begonnenen Maßnahmen fortgeführt werden. Wir interpretieren das als Zeichen dafür, dass das Gericht die internationale Bedeutung der Fahrrinnenanpassung anerkennt.
Jetzt hängt viel von der Dauer des Hauptsacheverfahrens ab. Die Verwaltungen haben bereits in allen Hauptsacheverfahren auf die Klagen erwidert, so dass wir davon ausgehen, dass das Hauptsacheverfahren sehr zügig abgeschlossen werden kann.“
Quelle: BWVI
Stellungnahme der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord zum stattgegebenen Eilantrag Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe
„Wir respektieren selbstverständlich, dass das Bundesverwaltungsgericht dem Eilantrag der Umweltverbände stattgegeben hat und begrüßen, dass die Ufersicherungsmaßnahme im Altenbrucher Bogen und die Baufeldräumung auch nach der Entscheidung des Gerichts weiterhin umgesetzt werden können,“ so Dr. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Nord in Kiel.
Das Bundesverwaltungsgericht betont im ergangenen Gerichtsbeschluss, dass dies keine Vorentscheidung über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens bedeutet. In einem äußerst umfangreichen Verfahren wie diesem ist es nicht ungewöhnlich, dass im Eilverfahren zu Gunsten der Antragsteller entschieden wird.
Die vom Bundesverwaltungsgericht als Begründung angegebene „nicht auszuschließende Irreversibilität“ ist nur im Eilverfahren von Belang. Die unbestreitbar vorhandenen Umweltbeeinträchtigungen des Vorhabens werden durch geeignete Maßnahmen kompensiert.
Das öffentliche Interesse an einem zügigen Baubeginn wird auch vom Bundesverwaltungsgericht gesehen. Es betont das gesteigerte Vollzugsinteresse, „das aus der (internationalen) Verkehrsbedeutung des Ausbauvorhabens folgt“ (Zitat aus der Beschlussbegründung vom 16.10.2012).
Wir sind zuversichtlich, dass die vorgebrachten Gegenargumente im weiteren Verfahren entkräftet werden. Dr. Hans-Heinrich Witte: „Deshalb rechne ich damit, dass es im Hauptsacheverfahren zu einer für uns positiven Entscheidung kommt“.
Quelle: WSV
Deutsches Verkehrsforum e.V.: Stop der Elbvertiefung stellt Planungs- und Rechtssicherheit in Frage
Detthold Aden, Präsidiumsmitglied des Deutschen Verkehrsforums und Vorsitzender des Vorstands BLG Logistics Group AG & Co. KG, bedauert die heutige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig die geplante Elbvertiefung vorläufig zu stoppen: „Mit dieser Entscheidung wird einmal mehr das hohe Gut der Planungs- und Rechtssicherheit in Deutschland bei Verkehrsinfrastruktur in Frage gestellt. Wenn die Verlässlichkeit bei planfestgestellten Projekten in Deutschland nicht mehr gegeben ist, dann hat das äußerst negative Auswirkungen auf die Kunden der Häfen und die Logistikwirtschaft. Außerdem treiben Verzögerungen über Jahre hinweg wie im Fall der Elbvertiefung die Kosten für Verkehrsinfrastruktur noch mehr in die Höhe. Das kann sich Deutschland angesichts knapper öffentlicher Mittel für Verkehrswege nicht leisten.“
Quelle: Deutsches Verkehrsforum e.V.