Die Stimmung in der maritimen Wirtschaft Norddeutschlands ist im Herbst 2016 geteilt: Deutlich optimistisch ist sie im Schiffbau, während die Geschäftsaussichten in der Hafenwirtschaft und bei den Reedern rückläufig sind. Risiken für die Entwicklung sehen die Unternehmen vor allem bei der Auslandsnachfrage. Auch die gestiegenen Energiekosten aufgrund der Trendwende beim Ölpreis seit Jahresanfang bereiten den Betrieben erste Sorgen. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Nord für die maritime Branche.
Im Schiffbau hat sich das Geschäftsklima im Vergleich zum Frühjahr 2016 deutlich aufgehellt. Der Index klettert von 83,2 auf 118,2 Punkte. Fritz Horst Melsheimer, Vorsitzender der IHK Nord und Präses der Handelskammer Hamburg, sagte: „Die Übernahme der Hamburger Werft Blohm+Voss durch die Bremer Lürssen-Gruppe wird mit Blick auf den deutschen Schiffbau insgesamt positiv bewertet. Auch in Mecklenburg-Vorpommern haben die Übernahme der ehemaligen Nordic Werften – jetzt MV Werften – durch die malaysische Genting Gruppe und die nachfolgenden Aufträge die Schiffbaubranche in Aufbruchstimmung versetzt. Zudem hat die Zahl der Beschäftigten der Branche mit knapp 16.000 den höchsten Stand seit vier Jahren erreicht. Angesichts der Krise im Weltschiffbau ist die wirtschaftliche Lage der Werften hierzulande erfreulich robust.“
Schlechtere Nachrichten kommen dagegen vonseiten der Reeder: Das Konjunkturbarometer sinkt um mehr als 13 Punkte und steht derzeit bei 84,9 Punkten. Die anhaltende Schifffahrtskrise mit Überkapazitäten bei der Tonnage und Problemen bei der Schiffsfinanzierung setzt die Branche unter Druck.
„Die Charterraten sind zum Teil so stark gefallen, dass viele Reeder die Schiffskredite nicht mehr tilgen können. Die Zahl der Insolvenzen steigt deshalb weiter. Im Ergebnis wird die deutsche Handelsflotte auch in diesem Jahr schrumpfen“, sagte der IHK Nord-Vorsitzende.
Auch die Hafenwirtschaft blickt gedämpfter in die Zukunft. Der Geschäftsklimaindex sinkt hier von 112,9 auf 107,1 Punkte. Im ersten Halbjahr 2016 ging der Umschlag der deutschen Seehäfen um zwei Prozent zurück. Der nachlassende Welthandel, ein starker Wettbewerb mit den Westhäfen Rotterdam und Antwerpen sowie die Russlandsanktionen belasten nach wie vor die Ergebnisse der Hafenbetriebe.
Im Hinblick auf die für Dezember angesetzten Verhandlungstermine des Bundesverwaltungsgerichts zur Fahrrinnenanpassung der Elbe betonte Melsheimer: „Wir hoffen, dass in Kürze ein positives Urteil zum geplanten Ausbau der Elbe vorliegt. Die Wirtschaft braucht hier endlich Klarheit, auch bezüglich der seewärtigen Zufahrten der anderen deutschen Seehäfen“.