Wissenschaftler erforschen Ozeanographie und Biologie zwischen atlantischem und arktischem Wasser
Am Dienstag, den 10. Juli 2018 wird das Forschungsschiff Polarstern seinen Heimathafen Bremerhaven in Richtung Arktis verlassen. Im Mittelpunkt stehen ozeanographische Langzeitmessungen sowie biologische Forschung in der Wassersäule und am Meeresboden in der Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen.
Über sechs Millionen Kubikmeter Wasser transportiert der Westspitzbergenstrom durchschnittlich jede Sekunde durch die östliche Framstraße Richtung Norden. In den letzten 30 Jahren ist die Temperatur dieser Wassermassen durchschnittlich ein Grad Celsius wärmer geworden – das atlantische Wasser ist heute mit drei bis sechs Grad Celsius warm für das Übergangsgebiet in den Arktischen Ozean. Nur 200 Kilometer westlich strömt minus 1,8 Grad Celsius kaltes Wasser mit Meereis aus dem Arktischen Ozean Richtung Süden. Prinzipiell sind diese Wassermassen voneinander scharf abgegrenzt. Kleinskalige Wirbel sorgen jedoch dafür, dass sie sich vermischen und dass nur ein Teil des warmen Wassers weiter nach Norden in die hohe Arktis strömt. So kann stattdessen beispielsweise warmes Wasser zu den Gletschern gelangen, die an Grönlands Ostküste ins Meer kalben und sie von unten schmelzen.
Wo und wie genau solche Verwirbelungen auftreten, ist eine der Fragestellungen, denen 48 Wissenschaftler um Fahrtleiter Dr. Wilken-Jon von Appen vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) jetzt in der Framstraße nachgehen. Sie bergen sogenannte Verankerungsketten, die mit Sensoren gespickt sind, die Temperatur, Strömungen und neuerdings noch viele weitere Eigenschaften messen können. Bereits seit dem Jahr 1997 unterhalten AWI-Wissenschaftler gemeinsam mit norwegischen Kollegen eine Reihe von Verankerungen auf etwa 79 Grad nördlicher Breite. Im Rahmen des Helmholtz-Infrastrukturprojekt
Ebenso neugierig sind sein Team und er auf die Messwerte von biologischen und chemischen Sensoren, die an den Verankerungen hängen. Diese in der Erprobung befindlichen Geräte werden einen ganz neuen Blick darauf ermöglichen, wie das Zusammenspiel der Wassermassen die Produktivität in der Eisrandzone beeinflusst. Insgesamt 20 Verankerungen will das Ozeanographie-Team bergen, um die Daten aus bis zu zwei Jahren auszulesen. Anschließend bringen sie dann mit neuen Sensoren und Batterien bestückte Verankerungen aus, um weitere Langzeitdaten in der Framstraße zu erfassen.
Ebenfalls an Bord sind Biologen, die sich die Lebensvielfalt in der Wassersäule anschauen und am Meeresboden untersuchen. Sie wollen beispielsweise herausfinden, welche Arten von Mikroalgen oder Flohkrebse das wärmer werdende Atlantikwasser in die Arktis transportiert. Deren Verbreitung und Anzahl bestimmt mit, was in die Tiefsee absinkt und dort Bodenlebewesen als Nahrung dienen kann. Neben der Erfassung der Tiere werden auch die Untersuchungen zu Müll in der arktischen Tiefsee fortgesetzt: Ein geschlepptes Kamerasystem fotografiert auf definierten Transekten bereits seit dem Jahr 2002 den Meeresboden. Spätere Auswertungen sollen dann zeigen, ob die Vermüllung der Arktis weiter zunimmt. Auch Chemiker sind an Bord und werden untersuchen welche Spurenstoffe von den Wassermassen bewegt werden.
Nach knapp vier Wochen Expeditionszeit wird die Polarstern im norwegischen Tromsø einlaufen. Im weiteren Verlauf der Arktissaison stehen dann zwei geowissenschaftliche Expeditionen vor Grönland und in der Zentralarktis auf dem Plan.