Noch vor wenigen Jahren befanden sich die Werften in Mecklenburg-Vorpommern in einer schweren Krise. Die Auftragslage war schlecht und die Eigentümer schafften es nicht, die Werften am Leben zu halten. Seit dem 2. März 2016 gehören jedoch die drei Werften in Wismar, Stralsund und Rostock/Warnemünde zum malaysischen Großkonzern Genting, welcher die Wiederbelebung der Werften versprach.
Am 1. März 2019 gab Genting einen Einblick in die MV WERFTEN Rostock, um den Fortschritt der letzten drei Jahre zu zeigen. Seit der Übernahme durch Genting wurden 250 Millionen Euro in die MV WERFTEN investiert, um diese technisch auf den neuesten Stand zu bringen und somit wieder konkurrenzfähig zu machen.
Für Bauaufträge sorgt Genting mit den drei hauseigenen Reedereien selbst. In Wismar wurden bereits vier Flusskreuzfahrtschiffe für Crystal Cruises fertiggestellt und in Stralsund baut man derzeit ein Luxus-Expeditionsschiff für die Arktis und Antarktis. Das größte Projekt wird jedoch momentan in Rostock umgesetzt. Hier entsteht das größte in Deutschland gebaute Passagierschiff, die Global-Klasse. Mit 342 Metern Länge und 46,4 Metern Breite ist das Passagierschiff jedoch eine Herausforderung für den Standort Warnemünde. Das Baudock der Werft ist nur 320 Meter lang, weshalb das Kreuzfahrtschiff nicht vollständig in Rostock gebaut werden kann. Bug und Heck werden in Wismar hinzugefügt, end-ausgerüstet wird das Schiff in der Lloyd-Werft in Bremerhaven. Zurzeit sind bereits die ersten beiden Decks der Global-Klasse fertiggestellt, nach und nach werden weitere Sektionen, die bis zum 7. Deck reichen, aufgesetzt. “Jetzt bauen wir sichtbar nach oben”, verkündet Stefan Sprunk, Sprecher der Werft, stolz.
Ist das Kreuzfahrtschiff einmal fertig, soll es mit bis zu 9.500 Passagieren im asiatischen Raum fahren.
Um den Herausforderungen, die ein solcher Ozeanriese mit sich bringt, gerecht zu werden, musste viel Geld in einen modernen Fertigungsprozess gesteckt werden. So wurde in Rostock eine neue Fertigungshalle fertiggestellt, in der die Stahlplatten vollautomatisch zurechtgeschnitten und mit den Trägern verschweißt werden können. Neben der automatischen Schweißanlage setzt man hier jedoch auch noch auf Tradition, denn die weiteren Bauteile, wie Leitungen und Trennwände, werden noch von Menschenhand angebracht. Die Sektionen werden, um den Arbeitsprozess zu erleichtern, auf dem Kopf gebaut und erst zum Schluss durch eine neue Wendeeinheit umgedreht.
Auch die beiden anderen Werften wurden modernisiert: In Wismar wird eine Halle für die Kabinenproduktion fertiggestellt, des Weiteren musste die Kaikante verstärkt werden, denn an dieser soll später die Global-Klasse festmachen können.
Nicht nur in neue Technik wurde investiert, sondern auch in die Angestellten. “Die wichtigste Investition ist die Investition in Menschen”, meint Carsten J. Haake, Kaufmännischer Geschäftsführer von MV WERFTEN Rostock. Seit der Übernahme der Werft wurden 1.400 neue Mitarbeiter eingestellt, in den nächsten Jahren kommen noch weitere hinzu. Ein eigenes Aus- und Weiterbildungszentrum soll die Mitarbeiter fachgerecht schulen, um das arbeiten auf der Werft effizienter zu gestalten. Schon jetzt werden 300 Azubis auf den drei Werften ausgebildet.
Für die Zukunft hat sich Genting einiges vorgenommen. Während das erste Schiff der Global-Klasse noch nicht einmal fertiggestellt ist, wird schon der Bau eines zweiten Passagierschiffes vorbereitet. Auch ein weiterer Schiffstyp, die Diamond-Klasse, ist bereits in Planung. Des Weiteren ist die Überlegung da, Fremdaufträge von anderen Reedereien anzunehmen, die eigenen Schiffe haben momentan jedoch erst einmal Priorität.
(Gastautor: Paul Siegert)