Großer Vertrauensbeweis: Seenotretter finanzieren modernes Spezialschiff aus zweckgebundener Erbschaft – Taufe und Indienststellung Ende Mai 2018
Für Andrea Vogt ist es eine ganz besondere Aufgabe gewesen: Einer Schiffbautradition folgend, legte die Justiziarin der Seenotretter am Freitag, 24. März 2017, in eine Rumpfsektion des neuen Seenotrettungskreuzers SK 39 eine Münze ein. Das Geldstück soll den Schiffbauern, aber auch der künftigen Besatzung Glück verheißen. Zur Kiellegung von SK 39 führte Andrea Vogt den letzten Willen der Erblasserin aus, deren Nachlass den jüngsten Neubau der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) für das Revier an der Schleimündung finanziert.
Kiellegung des Seenotrettungskreuzers SK 39: DGzRS-Justiziarin Andrea Vogt legt eine Glück verheißende Münze in eine Sektion des Rumpfes ein. Ihr zur Seite stehen Inspektor Holger Freese (v. l.), Seenotretter Sven Detlefsen, Vorsitzer Gerhard Harder und Seenotretter Stephan Brammer.
„Zuwendungen aus Nachlässen sind nicht nur ein ganz wesentlicher Bestandteil der Finanzierung der Seenotretter. Sie sind auch ein sehr großer Vertrauensbeweis“, sagte Vogt bei der traditionellen Zeremonie auf der Werft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser.
Mit großer Kompetenz und jahrzehntelanger Erfahrung begleitet sie Menschen, die ihren Nachlass zugunsten der Seenotretter regeln möchten. Und sie sorgt dafür, dass nach dem Tod alles genau so umgesetzt wird, wie es sich der Verstorbene gewünscht hat. „Wir kümmern uns um das Erbe, als wenn es ein Trauerfall in der eigenen Familie wäre, sorgfältig, zuverlässig und absolut vertraulich. Das ist meine tägliche Arbeit. Den traditionellen symbolischen Baubeginn einer neuen Rettungseinheit selbst vorzunehmen, ist hingegen auch für mich etwas sehr Besonderes.“ Auch die eingelegte Münze, ein „Bremer Groten“ von 1840, stammt aus einem Nachlass zugunsten der Seenotretter.
Zweckgebundene Erbschaften ermöglichen den gezielten Neubau moderner Schiffe für Einsätze bei jedem Wetter, rund um die Uhr. „Wer seine Hochachtung vor der Selbstlosigkeit, dem Mut und der gleichzeitigen Bescheidenheit unserer Besatzungen in seinem letzten Willen Ausdruck verleiht, dem gebührt unser ganz besonderer Dank“, sagte Gerhard Harder, ehrenamtlicher Vorsitzer der Seenotretter, bei der Kiellegung des neuen Seenotrettungskreuzers der 20-Meter-Klasse.
Der 20 Meter lange und bis zu 22 Knoten (ca. 40 km/h) schnelle Neubau soll Ende Mai 2018 in Flensburg getauft werden und anschließend an der Schleimündung die NIS RANDERS ablösen, kündigte DGzRS-Vorsitzer Gerhard Harder an.
Neubau ersetzt den Seenotrettungskreuzer NIS RANDERS
Das inzwischen sechste Spezialschiff dieses bewährten kompakten Typs ist im Zuge der ständigen Modernisierung der Rettungsflotte als Nachfolger der in Maasholm stationierten NIS RANDERS vorgesehen. Der neue Seenotrettungskreuzer mit der internen Bezeichnung SK 39 soll Ende Mai 2018, rund 153 Jahre nach Gründung der DGzRS, im Rahmen einer Tagung der Seenotretter in Flensburg feierlich getauft und in Dienst gestellt werden.
Seinen künftigen Liegeplatz wird SK 39 in dem im Ausbau befindlichen Hafen Olpenitz an der Schleimündung haben. Die Seenotretter teilen dann ihre bisherige Doppelstation Maasholm. Das in Maasholm liegende Seenotrettungsboot, das hauptsächlich Einsätze im Nahbereich und schleiaufwärts fährt, liegt auch künftig im dortigen Fischereihafen. Der Seenotrettungskreuzer hingegen verliert im viel befahrenen Revierteil zwischen Maasholm und Schleimünde bisher wertvolle Zeit, da er nur mit stark reduzierter Geschwindigkeit auslaufen kann. Der künftige Liegeplatz in Olpenitz ist deshalb rettungsdienstlich von Vorteil.
Der neue Seenotrettungskreuzer
- Länge über Alles: 19,90 Meter
- Breite über Alles: 5,05 Meter
- Tiefgang: 1,30 Meter
- Geschwindigkeit: 22 Knoten (ca. 41 km/h)
- Besatzung: 7/3 Pers. (Stamm/Einsatz)
- Antrieb: ein Propeller 1.220 kW/1.630 PS
- Verdrängung: 38 Tonnen
In der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne mit Klappheck wird der neue Seenotrettungskreuzer ein von einer finnischen Werft neu entwickeltes leichtes und wendiges Vollkunststoffboot aus äußerst robustem Polyethylen mit sich führen. Es ist rund fünf Meter lang, verfügt lediglich über etwa 30 Zentimeter Tiefgang und läuft bis zu 30 Knoten (ca. 56 km/h). Zugunsten des geringen Tiefgangs des Seenotrettungskreuzers (nur 1,30 Meter) wird auf ein größeres und schwereres Tochterboot verzichtet. Das Arbeitsboot ist ein leistungsfähiges Einsatzmittel zur Assistenz und zum Befahren von Flachwassergebieten.
Trotz der relativ geringen Größe dieses Seenotrettungskreuzers gibt es viel Platz für die Rettungsarbeiten: Der Behandlungsplatz zur medizinischen Erstversorgung im geräumigen Mehrzweckraum wird umfassend ausgerüstet. Ein Wohndeck ist nicht mehr nötig. Die Besatzung lebt in diesem Fall nicht an Bord, sondern im Stationsgebäude unmittelbar am Liegeplatz.
Wie alle Rettungseinheiten der DGzRS ist auch der jüngste Neubau als Selbstaufrichter konzipiert und wird vollständig aus Aluminium gebaut.
Eine oft erfragte Information ist Seenotretter-Justiziarin Andra Vogt abschließend noch besonders wichtig: „Als gemeinnützige Organisation sind wir von der Erbschaftsteuerpflicht befreit. Das bedeutet, dass von uns kein Cent an den Fiskus abgeführt werden muss und die geerbten Mittel in vollem Umfang den Seenotrettern zugutekommen.“ So ist es auch bei SK 39.
Spezielle Internetseite
Auf der speziellen Website https://testament.seenotretter.de/ bieten die Seenotretter Menschen, die sich über ihren Nachlass Gedanken machen möchten, Hilfestellungen an. Zu finden sind etwa allgemeine Informationen zum Erbrecht und zu Testamentsbausteinen. Selbstverständlich stehen die Seenotretter darüber hinaus für persönliche Gespräche zur Verfügung: Tel. +49 421 53 707 – 541, E-Mail testament@seenotretter.de. Auch eine hilfreiche Broschüre kann auf diesem Weg kostenlos angefordert werden. Allerdings: Ein Gespräch mit der DGzRS kann und darf eine der aktuellen Rechtsprechung entsprechende und rechtsverbindliche Beratung durch einen Fachanwalt oder Notar nicht ersetzen.