Der Hafen Ystad ist neben Trelleborg das schwedische Tor zu Mittel- und Osteuropa. Ein groß angelegtes Umbau- und Erweiterungsprojekt macht den Hafen nun fit für nachhaltige Transportlösungen zwischen Schweden und dem Kontinent.
Im Herbst 2018 wurde die Fährlinie Swinoujscie – Ystad von der EU als förderungswürdig befunden für Investitionen in Hafeninfrastruktur-Projekte, die nachhaltige und innovative Verkehre unterstützen. Das Investitionsvolumen beläuft sich dabei auf 132 Mio. €, von denen 34,8 Mio. € aus EU-Mitteln stammen. Projektpartner sind die Gemeinde Ystad, die polnische Firma Gaz System mit ihrer Tochter Polskie LNG sowie die Fährreederei Polferries. Das gesamte Projekt umfasst bis Ende 2021 Investitionen in zwei neue Fähranleger (7 und 8) für größere Fährschiffe mitsamt RoRo-Rampen, Landstromanschluss und Parkplätzen, das Ausbaggern des Hafenbeckens, einen neuen und erweiterten Wellenbrecher, die Schaffung neuer Hafenflächen und die Möglichkeit des Bunkerns von LNG. Die Reederei Polferries hat sich ihrerseits dazu verpflichtet, eine große RoPax-Fähre mit LNG-Antrieb bauen zu lassen.
Es ist in dieser Form das größte EU-Förderprojekt unter allen schwedischen Häfen und gleichzeitig eines der größten Infrastrukturprojekte Südschwedens überhaupt. Der Fährhafen Ystad weist seit dem Jahr 2000 ein sechsmal höheres Wachstum als der schwedische Durchschnitt auf und sieht sich selbst als „Knotenpunkt in Europa“. In der Tat ist Ystad der zweitgrößte schwedische Hafen in punkto Auto- und Busverkehr, der drittgrößte im Passagiersegment und der fünftgrößte im LKW- und Trailer-Bereich. Bereits seit 2012 verfügt der Hafen für seine Schiffe zudem über eine eigene Landstromverbindung.
Drei Fährlinien, vier Reedereien
Aktuell nutzen vier verschiedene Fährreedereien den Hafen von Ystad. Die beiden polnischen Anbieter Polferries und Unity Line verkehren mit insgesamt sechs Fähren zwischen Ystad und Swinoujscie, die dänische Reederei Bornholmslinjen (eine Tochter von Molslinjen) mit zwei Schnellfähren zwischen Ystad und Rønne und die deutsche FRS Baltic seit dem 17.09.2020 zwischen Ystad und Mukran (Sassnitz) auf Rügen.
Unity Line bedient die Linie zwischen Polen und Schweden mit den beiden Passagierfähren SKANIA und POLONIA sowie zusätzlich mit der Eisenbahngüter- und Frachtfähre JAN SNIADECKI. Polferries setzt mit MAZOVIA und CRACOVIA ebenfalls zwei kombinierte Auto- und Passagierfähren sowie als Backup die kleinere BALTIVIA ein. Während Unity Line eine Tochter der staatlichen Polish Steamship Company (PZM) ist, ist Polferries eine Marke der ebenfalls staatlichen Polish Baltic Shipping Company (PZB). Beide Reederei haben im August 2020 ihre Absicht bekundet, die Linie nach Ystad künftig in Form eines Joint-Ventures gemeinsam bedienen zu wollen; das Vorhaben wird gegenwärtig von der polnischen Kartellbehörde geprüft. Unabhängig davon plant Polferries für 2023 einen Großumbau der CRACOVIA, der eine Verlängerung der Fähre um 30 Meter vorsieht. Der LNG-fähige Neubau, der die versprochene nachhaltige Verkehrslösung auf der Route bringen soll, ist für 2024 geplant. Das Schiff (Projekt „Batory“), das bereits 2017 in Szczecin auf Kiel gelegt worden ist, soll letzten Planungen zufolge auf der Remontowa-Werft in Gdansk fertig gestellt werden.
Im Bornholm-Verkehr konnte der Hafen Ystad zuletzt vom Wechsel des Anbieters profitieren. Seit 2018 liegt die Route Ystad – Rønne in der Hand der dänischen Reederei Molslinjen, die nicht nur die Passagepreise für die Bornholmer gegenüber 2015 halbiert hat, sondern mit zwei modernen Schnellfähren auch eine höhere Frequenz anbietet als der Vorgänger Faergen, so dass die Verbindung vor Corona ein deutliches Passagierwachstum verzeichnen konnte. Aktuell kommen auf der Linie die Katamarane EXPRESS 1 und EXPRESS 2 bzw. MAX zum Einsatz, im Frühjahr 2022 jedoch wird Molslinjen die Kapazität mit der neuen EXPRESS 5 abermals um weitere 14% erhöhen. Das Schiff wird 1.600 Passagiere und 450 Autos befördern können. Der Verkehrsvertrag zwischen dem dänischen Verkehrsministerium und Molslinjen für die Route wurde darüber hinaus 2020 bis ins Jahr 2030 verlängert.
Die deutsche FRS Baltic dagegen wird nach einer verkürzten Testsaison im Herbst 2020 in diesem Jahr zum ersten Mal für eine komplette Saison zwischen Ystad und Mukran verkehren. Die Schnellfähre SKANE JET hatte ihre erste Abfahrt am 01.04.2021; zwischen Mai und Ende August verbindet sie zweimal täglich Rügen mit Südschweden, in der Nebensaison einmal täglich von Donnerstag bis Sonntag. Die Überfahrtszeit beträgt 2,5 Stunden.
Neuerungen 2021
Nachdem bereits am 02.05.2019 der erste Spatenstich für die Hafenerweiterung erfolgt war, konnten die beiden neuen Anleger 7 und 8 am 25.11.2020 im Rahmen eines gemeinsamen Probeanlegens der Fähren SKANIA und MAZOVIA in Betrieb genommen werden. Die beiden neuen Liegeplätze im Außenhafen verfügen jeweils über eine Doppelstockrampe und einen Landstromanschluss. Ende Januar 2021 wurde der Regelbetrieb am neuen Anleger aufgenommen; seitdem fertigt dort Polferries seine Schiffe ab. Fußpassagiere gelangen seitdem wegen der höheren Entfernung mit kostenlosen Shuttle-Bussen vom Anleger zum Bahnhof.
Die Fähren der Unity Line machen bis auf weiteres weiterhin an ihren alten Anlegern 4 (Eisenbahnfähren) und 1 (Passagierfähren) fest, da letzterer über eine Gangway für Fußpassagiere verfügt. Die Idee ist, dass alle Fährliegeplätze genutzt werden, die alten sollen nicht geschlossen werden. Wechseln musste im Zuge der Hafenerweiterung aber die Schnellfähre der FRS; sie steuert jetzt den alten Polferries-Anleger 3 an.
Die Zukunft
Für die Zukunft erhofft sich Ystad, dass der Hafen als Zwischenstopp auf neuen Fährverbindungen ins Baltikum oder nach Russland angelaufen wird. Ähnliches praktiziert bereits die Stena Line auf ihrer Route Liepaja – Karlskrona – Travemünde. Darüber hinaus soll 2022 auch der Eisenbahngüterverkehr auf der Linie Swinoujscie – Ystad wieder aufgenommen werden; dieser ruht aktuell wegen der parallel stattfindenden Bauarbeiten im Fährhafen Swinoujscie. Auch eine Erhöhung der Anzahl von Kreuzfahrtschiff-Anläufen ist mit der Hafenerweiterung denkbar.