„Der Kampf gegen die Piraterie kann nur an Land entschieden werden.“ Diese Aussage von Michael Behrendt, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), sagt bereits worum es im Kern der Pressekonferenz am 14.02.2014 im Hause der Hapag-Lloyd Zentrale in Hamburg ging.
Dank dem Einsatz der in Dschibuti stationierten Bundesmarine und den auf den Schiffen vorhandenen privaten, bewaffneten Sicherheitskräften hat es im letzten Jahr keinen erfolgreichen Angriff auf Schiffe am Horn von Afrika gegeben. Auch wenn es an der Afrikanischen Ostküste zurzeit ruhig ist, verzeichnet der VDR an der Westküste, im Golf von Guinea, einen dramatischen Anstieg der Kaperungen. Die Ruhe im Golf von Aden darf hierbei nicht verwechselt werden mit der immer noch bestehenden Bedrohung durch die Piraterie.
Das Land Dschibuti liegt am Horn von Afrika und verfügt über den zentralen Hafen für die Region. Zu den Nachbarländern zählen Somalia, Eritrea und Äthiopien. Mit einer Fläche von 23.200 qkm ist das Land nur wenig größer als Hessen. 40% der ca. 760.000 Einwohner sind Kinder unter 16 Jahren.
Der Botschafter der Republik Dschibuti in Deutschland, Aden Mohamed Dileita, zeigte auf, wie wichtig sein Land als Wirtschaftsfaktor für die gesamte Region ist. Hierbei ist der Hafen der größte Motor. Bereits 3 weitere Häfen befinden sich in Bau bzw. Planung. Bereits heute verlassen täglich über 1000 Transporte Richtung Äthiopien das Land.
Den positiven Wirtschaftsaussichten stehen die Krisen in der Region gegenüber. Viele Flüchtlinge und Einwanderer drängen in die Städte. Allein in Balbala, dem südlichen Vorort von Dschibuti-Stadt, leben bereits heute über 300.000 Menschen. Die Bevölkerungsdichte in Balbala ist extrem hoch und wie in einem Slum üblich fehlt es an allem, was wir als Europäer selbstverständlich hinnehmen (Wasser, Strom, sanitäre Einrichtungen, Schulen). In den wenigen Schulen sind oftmals Klassenstärken von 65 bis 70 Kindern anzutreffen. Viele verlassen sie bereits wieder im Alter von 12 – 13 Jahren. Das Ergebnis – Menschen die nicht die Amtssprache Französisch beherrschen und nur rudimentär lesen und schreiben können.
Ohne Bildung gibt es für die Kinder keine Perspektiven und keinen Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt. Sie werden empfänglich für den Drogenkonsum, Gewalttätigkeit und die Rekrutierung in Milizen oder der Piraterie.
Hier setzt das Projekt der SOS-Kinderdörfer und des VDR an. Auf der Basis einer im November 2013 durchgeführten Studie wurden die Ausbildungsbedürfnisse und der Arbeitsmarkt analysiert.
Das Ausbildungskonzept des Zentrums für E-Learning in Dschibuti legt seinen Schwerpunkt zunächst auf die Vermittlung allgemeiner beruflicher Grundkenntnisse (Sprache, kaufmännische Praxis und EDV) für die Teilnehmer mit wenigen Vorkenntnissen, sowie branchenspezifischer Kenntnisse aus gefragten Berufsfeldern (z.B. Logistik). Das Fachpersonal wird hierbei von den lokalen Universitäten und bei Bedarf aus erfolgreichen Projekten in Kenia kommen. Die Auswahlverfahren beginnen bereits im April.
Dr. Wilfried Vyslozil, Vorstand von SOS-Kinderdörfer weltweit, führt hierzu aus: „Unsere Erfahrungen zeigen, dass dieses Projekt in die Region ausstrahlen wird.“ Ausstrahlen bedeutet in diesem Fall, dass die Kinder ihr neues Wissen mit Eltern, Freunden und Verwandten teilen und somit die Akzeptanz und Notwendigkeit von Bildung nach außen tragen.
Mit der Eröffnung des Zentrums im Oktober 2014 werden zunächst 100 Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren, sowie 100 junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren aufgenommen. Hierfür stehen zunächst 45 PC´s mit Internetzugang zur Verfügung. Eine Erweiterung des Kursangebotes ist bereits für 2015 geplant.
Das durch eine Mauer geschützte 2.500 qm große Grundstück bietet hierfür noch bauliche Reserven.
Der Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitskräften, insbesondere im maritimen Bereich, ist vorhanden. Das Ausbildungszentrum soll helfen die Bedürfnisse zu decken, damit die Formel aufgehen kann: Bildung = Perspektive = Zukunft.
V.l.n.r.: Ralf Nagel (VDR), Dr. Wilfried Vyslozil (SOS-Kinderdörfer), Aden Mohamed Dileita (Botschafter der Republik Dschibuti), Michael Behrendt (VDR)
Mehr zu den SOS Kinderdörfern unter www.sos-kinderdoerfer.de
(Jürgen Scholüke von madle-fotowelt)