Der Schweizer Automatisierungstechnikkonzern ABB hat mit der Werft Keppel Offshore & Marine in Singapur einen Vertrag für die Entwicklung der Technik für autonome Schlepper unterzeichnet. Bereits Ende 2020 soll das Schiff zum Einsatz kommen.
Zusammen mit der Technologiesparte von Keppel Offshore & Marine wird ABB Technik für autonome Schiffe entwickeln und einen 32 Meter langen Hafenschlepper mit fortschrittlichen digitalen Lösungen aufrüsten. Damit soll im Hafen von Singapur bis Ende 2020 der autonome Schiffsbetrieb gestartet werden. Das Schiff wird nach Abschluss des Projekts voraussichtlich der erste autonome Schlepper in Südasien sein.
Der Schiffsbetreiber ist Keppel Smit Towage, ein Joint-Venture von Keppel Offshore & Marine. Zu Beginn des Projekts wird der Schlepper auf einer speziellen Teststrecke im Hafen von Singapur verschiedene Manöver absolvieren und von einem Kontrollzentrum an der Küste ferngesteuert. In der zweiten Projektphase wird das Schiff autonome Manöver zur Kollisionsvermeidung ausführen und per Fernüberwachung kontrolliert.
„Dieses Projekt ist ein Meilenstein in unserer Entwicklung digitaler Techniken und beweist nicht nur unsere Kompetenzen als führender Anbieter intelligenter Schifffahrtstechnik, sondern auch den Erfolg unserer Vision Electric. Digital. Connected., die speziell auf die Schifffahrtsindustrie ausgerichtet ist“, sagte Juha Koskela, Geschäftsführer von ABB Marine and Ports. „Mit unserer Technologie soll die Mannschaft an Bord der Schiffe nicht überflüssig gemacht werden. Diese soll vielmehr von Aufgaben befreit werden, die automatisiert werden können. Auf diese Weise kann die Crew bei kritischen Manövern ihr Bestes geben.“
Mit diesem Projekt vollzieht ABB den nächsten Schritt hin zur autonomen Schifffahrt und profitiert dabei von den Erfahrungen, die beim Test mit der ferngesteuerten Passagierfähre Suomenlinna II gewonnen wurden. Dieser wegweisende Versuch wurde im November 2018 im Hafen von Helsinki durchgeführt. Da in den Hafen von Singapur jährlich mehr als 130.000 Schiffe einlaufen, ist der Schiffsverkehr hier exponentiell dichter, weshalb die Tests komplexer ausfallen.
Mit den Versuchen soll gezeigt werden, dass die Sicherheit und Effizienz von Schleppern durch den Einsatz digitaler Lösungen, die bereits für nahezu alle Arten von Schiffen verfügbar sind, verbessert werden können. Die ABB Ability™ Marine Pilot-Lösungen sind für die Tests von entscheidender Bedeutung, da diese die „Sense-Decide-Act“-Schleife abdecken – eine Voraussetzung für jede Form des autonomen Betriebs. ABB Ability™ Marine Pilot Vision wird anhand bestehender und neuer Systeme für die Sensorfusion sorgen, um eine digitale Umgebungs- und Lagebeurteilung zu erreichen. ABB Ability™ Marine Pilot Control ist für die Ausführung der erforderlichen Steuerbefehle zuständig.
Der Schlepperbetrieb kann anspruchsvoll sein. Dabei manövriert ein Schlepper andere Schiffe, indem er diese durch häufig überfüllte Häfen schiebt oder schleppt. Darüber hinaus sind manchmal lange Überfahrten erforderlich, damit die Schlepper an ihren jeweiligen Zielort gelangen. Wenn dieser Vorgang autonom und per Fernüberwachung erfolgt, kann sich die Mannschaft an Bord ausruhen, bis sie für die eigentlichen Schlepparbeiten benötigt wird.
Keppel Offshore & Marine wird mit der Hafenbehörde von Singapur und dem Technology Centre for Offshore and Marine, Singapore zusammenarbeiten, um verschiedene Technologien zu entwickeln, und ist zudem als Systemintegrator für die autonomen Systeme zuständig. Das American Bureau of Shipping wird die grundsätzliche Genehmigung für die neuen Funktionen bereitstellen, darunter die Fernnavigation und das autonome Steuersystem.