Heute hielt der Kreuzfahrtverband Cruise Lines International Association (CLIA) eine Pressekonferenz in Venedig, Italien, ab, um der Branche lokale Fakten und einen Ausblick im Namen ihrer Mitglieder vorzustellen.
1. Heimathafen Venedig. Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Kreuzfahrtbranche beschäftigt fast 4.300 Mitarbeiter in 200 Unternehmen in und um Venedig. Die Venedig anlaufenden Schiffe erwirtschaften insgesamt 436,6 Mio. € im Jahr auf Landesebene, in Form von Direktausgaben durch Passagiere, Unternehmen und Schiffsbesatzungen. Von dieser Gesamtsumme werden 283,6 Mio. € in Venedig und Umgebung bzw. 153 Mio. € in weiteren Regionen Italiens ausgegeben. Schiffe, die Venedig anlaufen, erwirtschaften außerdem bis zu 170 Mio. € für zugehörige Sektoren (siehe ‘‘L’Impatto economico della Crocieristica a Venezia” [“Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kreuzschifffahrt auf Venedig”] von den Professoren Dosi, Musu, Rizzi und Zanette); dies entspricht 3,26 % des BIP der örtlichen Gemeinde (4,1 % der arbeitenden Bevölkerung) bzw. 0,96 % des BIP der Provinz (1,19 % der arbeitenden Bevölkerung).
2. Verantwortung der Branche in Sachen Umweltschutz
Die Kreuzfahrtbranche wirkt sich nicht nur positiv auf die Wirtschaft der Stadt Venedig aus; sie konzentriert sich außerdem auf umweltpolitische „Best Practices“ sowie auf den Erhalt der natürlichen Ressourcen und des Kulturerbes von Destinationen wie Venedig für künftige Generationen. Die Reedereien haben es sich in Venedig sowie an allen anderen Orten weltweit zum Ziel gesetzt, die Schönheit der Destination und seiner natürlichen Umgebung zu schützen. Das ist einerseits eine löbliche Entscheidung, andererseits gilt dies auch als unverzichtbare Ressource für den Bestand und den Erfolg der Branche selbst. Die CLIA-Mitgliedsreedereien haben sich freiwillig dem Blue Flag Agreement in Venedig unterworfen und über 1 Mrd. US$ in saubere Technologien investiert, mit dem Ziel, die Leistung in Punkto Umweltschutz zu verbessern und die Auswirkungen von Schadstoffemissionen weiter zu reduzieren. Dies versteht sich als Bestandteil eines laufenden Prozesses, der die Belastungen durch bestehende und neue Schiffe verringert.
Dies sind die Fakten, die in der neuesten von der Umweltbehörde der Region Veneto (ARPAV) veröffentlichten Studie genannt sind. Laut dieser Studie erzeugt der Schiffsverkehr generell 18 % Feinstaub; bei Fähren und Schiffen beträgt die Belastung 12 % und der lokale Verkehr macht 14 % der Feinstaubbelastung aus. Noch konkreter wurde festgehalten, dass Kreuzfahrtschiffe für 8 % der Emissionen in den Sommermonaten verantwortlich sind, während die Gesamtbelastung im Winter auf 2 % fällt. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass das höchste Niveau an Feinstaubbelastung im Winter festgestellt wurde, wenn die Kreuzfahrtsaison vorbei ist. Die Überwachungssensoren, die am dichtesten an den Stellen positioniert sind, an denen die Kreuzfahrtschiffe vorbeifahren, und zwar durch den Giudecca-Kanal (Sacca Fisola), haben vom 15. bis 24. Februar 2017 besonders hohe Belastungen gemessen, wobei die Spitzenwerte am 13. Dezember 2016 festgestellt wurden. Von Mai bis Oktober, wenn die Kreuzfahrtsaison in vollem Gange ist, wurde keine einzige Unregelmäßigkeit bei der PM10-Feinstaubermittlung festgestellt; dies belegt der Jahresbericht der Stadtverwaltung von Venedig zur Luftqualität 2014.
UMWELTSCHUTZ-VERANTWORTUNG – DIE KREUZFAHRTBRANCHE Seit 2016 wird jedes Kreuzfahrtschiff mit einem Treibstoff sparenden Motor ausgestattet. Kürzlich haben die Kreuzfahrtunternehmen bei einem Großteil ihrer Flotte Erneuerungen vorgenommen und neue Filtereinheiten – so genannte Scrubber (Abgaswäscher) – eingesetzt. Bis heute sind mehr als 100 Schiffe mit diesen Systemen ausgerüstet. Durch die Installation von Abgasreinigungssystemen konnte in den letzten Jahren die Emission von Schadstoffen wie Schwefeldioxid, Stickoxid und Co2 über 90 % gesenkt werden. Jede einzelne größere Gruppe investiert zurzeit in die Entwicklung neuer nachhaltiger Antriebstechnologien für die Schiffe der neuesten Generation, wobei der Fokus auf Flüssiggas (LNG) liegt. Ein weiteres Beispiel des Engagements der Branche ist die Realisierung der weltweit fortschrittlichsten Maßnahmen im Hinblick auf Aufbereitung, Verringerung und Wiederverwertung von Abfall:
Es ist eine Verpflichtung zur Umweltschutz-Verantwortung, die nach der freiwilligen Unterzeichnung des Blue-Flag-Abkommens zur zehnjährigen Emissionsbegrenzung in Venedig noch stärker geworden ist. Nach Maßgabe dieses Abkommens, sind die Reedereien zur Verwendung von umweltfreundlichen Treibstoffen verpflichtet, deren Schwefelgehalt niemals 0,1 % übersteigen darf – sowohl während der Liegezeit als auch beim Durchfahren der Lagune. Das Abkommen ist weitaus strenger als die heutigen IMO-Vorschriften (Die Grenze soll bis zum Jahr 2020 auf 0,5 % gesenkt werden). |
Jede weitere Aussage hinsichtlich der Umwelt sollte zumindest auf einem identischen wissenschaftlichen Standard beruhen, wenn sie ernsthaft in Erwägung gezogen werden soll.
Die Kreuzfahrtbranche respektiert die Umwelt und stellt eine Art des nachhaltigen Tourismus für die Stadt dar. Die durch Kreuzfahrtpassagiere entstehenden Touristenströme werden mit ausreichender Zeit kontrolliert und organisiert, damit in der Stadt möglichst keine Probleme oder Überfüllung entsteht. Es handelt sich hier nicht um eine flüchtige Form des Tourismus und das liegt nicht nur an Venedigs Rolle als Heimathafen sondern auch daran, dass Kreuzfahrtpassagiere hier mehr Geld als der Durchschnittstourist ausgeben.
3. Ein Vorschlag für eine alternative Route
Eine Lösung hinsichtlich der Fragen im Zusammenhang mit dem Kreuzfahrtverkehr in Venedig befindet sich bereits seit fünf Jahren auf der Tagesordnung. Zurzeit haben Kreuzfahrtgesellschaften den Zugang zur Lagune auf Schiffe mit mehr als 96.000 Tonnen freiwillig beschränkt. Außerdem haben sie die Gesamtanzahl von Anläufen beschränkt. In Folge dessen hat Venedig eine halbe Million Passagiere verloren (von 1,8 Mio. im Jahr 2013 auf 1,4 Mio. im Jahr 2017). Des Weiteren haben die Ankünfte von Passagieren in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 13 % abgenommen (- 72.000). Dieser Rückgang im venezianischen Heimathafen hat einen negativen Effekt für die gesamte Adria ausgelöst; im Jahr 2016 verlor man hier laut Risposte Turismo 6,5 % der gesamten Anzahl an Passagieren. Würde man künftig allen großen Schiffen über 40.000 Tonnen den Zugang zur Lagune verwehren, würde sich die Anzahl der Passagiere in Venedig um 90 % gegenüber den Zahlen von 2012 verringern, was zu 85 % geringeren Ausgaben für lokale Waren und Dienstleistungen (40 Mio. € – ursprünglich 283,6 Mio. €) führen würde. Die Beschäftigung würde um 83 % (600 Beschäftigte statt der heutigen 3.600) sinken.
CLIA ist entschlossen, schnellstmöglich eine alternative Route für die Durchfahrt großer Schiffe im Giudecca-Kanal zu finden. Die Reedereien sind heute erstmalig in diesem Rahmen zusammengekommen, und mehr denn je bestrebt eine Lösung zu finden. So haben sie den Zugang zu Venedig über den Kanal Vittorio Emanuele III in Marittima simuliert; es handelt sich hierbei um ein ausgezeichnetes Passagierterminal in Italien und auch weltweit, das weiterhin von entscheidender Bedeutung bleibt.
Drei große Reedereien – Royal Caribbean, Carnival-Costa, MSC – und die VTP haben zwischen dem 29. August und dem 1. September dieses Jahres gemeinsame Simulationen mit sechs Schiffen unterschiedlicher Größen in den Niederlanden (CSMASRT-Center in Almere) und in Dänemark (im Force-Technology-Institut in Kopenhagen) durchgeführt. Hierbei wurden die Schiffe hinsichtlich einer Vielzahl von – teilweise sogar sehr widrigen – Wetterbedingungen getestet. Diese Übung lieferte positive und ermutigende Ergebnisse, welche sich mit denen der Hafenbehörde decken. Wir fordern nun die Hafenbehörde und den Hafenmeister zur Durchführung der weiteren erforderlichen Schritte des Bewertungsverfahrens auf, die gemäß italienischem Recht vorgesehen sind.
CLIA ist entschlossen, mit den lokalen und nationalen Institutionen zusammenzuarbeiten und auch potentielle, langfristige Optionen für Schiffe über 96.000 Tonnen in Erwägung zu ziehen.