Ein Stück Hurtigruten-Geschichte in Lübeck
Das norwegische Schulschiff SJØKURS besuchte vom 06.12.2016 bis 08.12.2016 Lübeck, die Königin der Hanse. 1956 bei Blohm+Voss für die norwegische Reederei NFDS (Det Nordenfjeldske Dampskibsselskab) gebaut, wurde das 2.196 BRT große Schiff als Ragnvald Jarl auf der legendären Hurtigrute entlang der norwegischen Küste eingesetzt. Im Jahr 1995 endete die Ragnvald Jarl ihre Karriere als Postschiff. Sie wurde an die Rogaland Sjøaspirantskole in Stavanger verkauft und startete 1996 als GANN ihren neuen Dienst als Schulschiff. Seit 2007 heißt sie SJØKURS und fährt für die „Sørlandets Seilende Skoleskibs“ als Ausbildungsschiff für den Nachwuchs der norwegischen Seefahrt.
Am 07.12. hatte ich die Gelegenheit, der alten Lady einen Besuch abzustatten. Gegen 13:30 Uhr betrat ich die Gangway und wurde von zwei netten Norwegern auf deutsch mit ”Guten Tag” begrüßt. Einmal kurz den Namen in das Visitor Logbuch nahe der Gangway eingetragen und schon ging es los.
Die Führung, welche in englisch/norwegisch stattfand, begann im Maschinenraum. Im Keller des Schiffes arbeitet ein 10 Zylinder MAN Dieselmotor mit 2.960 PS Leistung. Alles wird liebevoll gepflegt und sieht sehr sauber aus.
Maschinenraum mit Hauptmaschine
Nach einem interessanten Einblick in die Maschine ging es an Deck weiter. Vorbei an dem Bereitschaftsboot und den Rettungsinseln Richtung Achtern, wo es einen kleinen, halboffenen ”Wintergarten” gibt. Hier stehen ein paar Liegestühle, welche mehrheitlich von den Rauchern genutzt werden, da im Schiff ein Rauchverbot gilt.
Außendeck
Wintergarten bzw. Raucherbereich
Ein Deck tiefer kam ich dann in den Bereich der Kabinen für die Trainees. Hier hat jeder eine eigene Kabine, allerdings unterscheiden sich die Kategorien sehr. Für die bis zu 60 Schüler gibt es keine einheitliche Kabinengröße. Einige Kabinen haben nur ein Bett, einen kleinen Tisch und ein Waschbecken, andere dafür ein zusätzliches, eigenens Bad und allgemein mehr Platz.
Die Zuordnung, wer in welche Kabine kommt, findet nicht nach einem Zufallsprinzip statt. Es gibt eine Regel, die bestimmt, wie groß die jeweilige Kabine werden kann: Je weiter weg der Trainee wohnt (von Kristiansand aus gesehen), desto größer wird seine Kabine. Der Hintergrund ist der, dass man auch den Nachwuchs aus dem Norden des Landes an Bord begrüßen möchte und man es ihnen dadurch attraktiver gestaltet.
Kabinen ohne eigenes Bad/WC haben auf dem jeweiligen Deck ein Gemeinschaftsbad/WC.
Kabine eines norwegischen Schülers (Nostalgiefan, wie man an der Flagge auch erkennen kann)
Weiter geht es in Richtung Brücke über den Speisesaal (Messe)/Aufenthaltsraum. Die vordere Hälfte des großen, klassichen Salons gehört zu den Ausbildern, dort ist auch die Essensausgabe aus der Galley. Im hinteren Part sitzen die Trainees, auf der Steuerbordseite haben sie zusätzlich noch Raum für eine Art Aufenthaltsraum mit TV und Musikanlage, sowie ‘Schulbänken’ zum Lernen der Theorie.
Messe der SJØKURS
Aufenthaltsraum
Auf zur letzten Etappe, zur heiligen Halle. Zwei Decks höher war es dann so weit. Da stand ich nun auf der Brücke des ehemaligen Hurtigruten-Klassikers. Bei einem 81m langen Schiff dieses Bauhjahres ist die Brücke nicht all zu groß. Alt ist auf der Brücke allerdings kaum noch etwas. Neben dem originalen Steuerstand mit Steuerrad ist vieles neu. Moderne Radargeräte, EDCIS mit eletronischen Seekarten und ein Bugstrahlruder sind nur eine kleine Auswahl. Hinter der Brücke befand sich der Kartenraum. Hier wird zusätzlich noch mit Papierkarten gearbeitet, damit dieses Handwerk nicht verloren geht. Gefahren wird das Schiff im Wachrythmus. Immer 4 Trainees pro Wache. Einer am Ruder, einer am Radar, und jeweils Steuerbord und Backbord einer in der Nock als Ausguck.
Brücke
Kartenraum
Der Tag beginnt für alle (außer der Nachtwache) morgens um 06:30 Uhr. Von 07:00 bis 07:30 Uhr wird gemeinsam jeden Tag das Deck geschrubbt. Danach gibt es Frühstück.
Der Hauptteil des Nachwuchses ist im Bereich Deck/Brücke und Maschinenraum unterwegs. Neben der SJØKURS ist der ehemalige Hurtigruten Kreuzfahrer NARVIK (BJ. 1982) seit 2007 als GANN das zur Zeit zweite norwegische Schulschiff.
Nach einer erstklassigen Führung bleibt mir nur eins zu sagen: “Tusen takk for alt og ha altid en god tur.” (Vielen, vielen Dank und allzeit gute Fahrt)
(Gastautor: Asbjörn Thrun)