Kreuzfahrterlebnisse einer Schiffsjournal.de-Leserin

Meine Erlebnisse auf Kreuzfahrten soll ich schildern? Ach da gibt es einige! Gegen meine Geschichten, die ich erzählen kann, ist Scheherezade ein Nichts!

Es gibt Begebenheiten, bei denen die Fantasie nicht ausreicht, um sie zu erfinden. Sie werden ausschließlich vom wahren Leben erzählt. Also, was wollt Ihr hören? Vielleicht die Story mit der Blonden (Typ australischer Sommer, lang und dürr) die sich mit Mister Adonis – Zwillingsbruder von Tarzan – im Filmtheater beim… na Ihr wisst schon was, erwischen ließ. Die Buschtrommeln funktionierten einwandfrei, erreichten die Gehörgänge der besseren Hälfte von Mister Adonis. Besagte bessere Hälfte fackelte nicht lange, und schlug mit ihrem Dior-Handtäschchen, unter heißen Anfeuerungsrufen zahlreicher Passagiere, den untreuen Adonis Krankenstationsreif.

Oder aber die groteske Begebenheit, in der eine über 85jährige Dame, aus Verärgerung darüber, als ein im Rollstuhl sitzender Herr ihr die Sicht auf den Pool versperrte, kurzen Prozess machte, und Rollstuhl samt Passagier in den Pool beförderte. Es geht doch nichts über einen Logenlatz mit freier Sicht auf den Pool!

Nein! Über so etwas möchte ich nicht schreiben. Ich erzähle Euch heute einmal von den emotionalsten Momenten einer Kreuzfahrt. Es zählen nicht die Momente in denen Du atmest, sondern die Momente die Dir den Atem rauben. Lasst Euch von mir entführen. Entführen, in die wunderbare Welt der Kreuzfahrer. Eine eigene kleine Welt voller Emotionen, in denen der Körper Unmengen Glückshormone ausschüttet.

Schon beim Betreten des Schiffes empfinde ich Glücksgefühle und Dankbarkeit, und möchte wie der Papst bei einem Staatsbesuch, niederknien um die Holzplanken des Schiffes zu küssen. Angesichts der großen Menge an Zuschauern, verwerfe ich diesen Wunsch auf der Stelle. Von unserem Bett bis auf den Balkon zähle ich fünf Schritte. Die Leinen sind los und während ein Schlepper das Schiff (Albatros) von der Pier zieht, ertönt in voller Lautstärke aus allen Außenlautsprechern die Auslaufmelodie: „Conquest of Paradise“. Die Bewohner eines nahe gelegenen Apartmenthauses, die diesen lauen Sommerabend auf der Terrasse genießen, erheben ihr Glas, winken und trinken uns zu. Vereinzelte Rufe, „Goodbye Albatros“, streifen unser Ohr. Kinder schwenken zum Abschied brennende Wunderkerzen. Was für eine Kulisse!!! Wir spüren, wie die Gänsehaut von unserem Körper Besitz ergreift. Da sind sie wieder die Emotionen. Der Kloß im Hals verstärkt sich, das Glas in der Hand beginnt zu zittern und die Augen füllen sich mit Tränen. Wohl jedes Körperhaar stellt sich in diesem Augenblick senkrecht.

Dann diese berauschenden Tage auf See: Noch im Schlafanzug und schlaftrunken trete ich auf den Balkon. Der Blick über das Meer ist unbeschreiblich. Soweit das Auge schaut- blau, blau und noch mehr blau – Nur unterbrochen von ein paar weißen Schaumkronen, die aussehen, wie einfach mal dahingespuckt. Man könnte fast meinen, der Himmel und das Meer wetteifern um das schönste Blau. Ich genieße das Wasser, die Wellen, genieße das auf und ab der Schiffsbewegung, lasse mir vom Wind das Haar zerzausen und schmecke das Salz in der Luft. Halte Ausschau nach Delphinen und erfreue mich an ihren Sprüngen und an ihren eleganten Bewegungen. Später mit einem kühlen Drink am Heck des Schiffes sitzend, mit  idealerweise, direkten Blick auf das Schraubenwasser und die hübsche weiße Schaumspur, die die beiden Schiffsschrauben in das blitzblaue  Wasser pflügen, während fliegende Fische zu hunderten das Element Wasser verlassen, um Sekunden später wieder ihre silbrigen Schuppen, in das kühle Element einzutauchen.

Das Meer in seiner Unendlichkeit, bedeutet Freiheit und Abenteuer. Vereint aber auch Gefahr und Angst. Es kleidet sich nicht immer in ein sanftes Blau, oder zeigt sich im berauschenden Türkis. Wenn Odin, der Sturmgott, den dunklen Wolkenmantel auf dem Meer ausbreitet, und mit seinem achtfüßigen Ross Sleipnir die See mit Wellenberge allererster Güte bestückt, wenn Wasserwesen aus Neptuns tiefem Reich auftauchen, das Meer sich graugrün färbt, und unser Schiff mit einem angsteinflößenden grandiosen Brüllen begrüßt, als wolle es uns auf der Stelle verschlingen. Dann beginnt an Bord die Zeit der Grüngesichtigen. Diesen armen Menschen, denen das Schaukeln auf den Magen schlägt und die sich in diesem Augenblick nichts Sehnlicheres wünschen, als auf der Stelle zu sterben. Da passierte es schon… die ersten Gesichter laufen grün an, und schließlich entleeren sie ungehemmt ihren Mageninhalt auf den neu verlegten Teppichboden in der Lobby. So etwas nennt man dann auch wohl, Gegenverkehr in der Speiseröhre. Alter Falter, das braucht kein Teppich!

Foto: Erika Jantz

Foto: Erika Jantz

Weiter möchte ich Euch von diesen fantastischen Landgängen berichten. Nein, nicht einfach zu den schnöden Stadtbesichtigungen im Schlepptau einer, ohne Punkt und Komma redenden, Reiseleitung… Nein, lasst mich schwärmerisch erzählen von Namibia. Namibia, eine Symphonie von Farben. Sanftes gelb, rötliches braun, im Abendlicht sogar rosa und zartes lila. Unendliche Weiten, die einerseits den Atem nehmen, andererseits öffnend wirken und uns aufzeigen, dass wir nur kleine Fitzelchen in diesem Universum sind und uns oft viel zu wichtig nehmen. Die Dünen von Namibia. Wer sie einmal sah, wird sie niemals wieder vergessen. Wir erlebten eine der faszinierendsten Gegend unserer Erde. Eine Welt aus Sand, hingekräuselt wie feinstes Seidenpapier. Atemberaubende Naturparadiese. Der größte Strand der Welt, denn die Namib-Wüste grenzt auf 1.500 Kilometern direkt an den Atlantik. Ihre Sanddünen erreichen eine Höhe bis zu 325 Meter. Ganz zu schweigen von dem allabendlichen Kneif-mich-mal-Sonnenuntergang. Dieses Bild bekommst Du dein ganzes Leben nicht mehr aus dem Kopf. Unwiderruflich, punktgenau, wie mit einem Laserstrahl eingebrannt in Dein Herz.

Träume enden nie, weiter geht es! Norwegenreise & Spitzbergen… dann liegt er vor uns, der Liliehoekgletscher.

Foto: Erika Jantz

Foto: Erika Jantz

Ein sehr aktiver Gletscher, denn fast jede Minute brechen kleinere und größere Stücke Eis von der Kante und stürzen ins Meer. Unfassbar schön schimmert das blaue Gletschereis an der Abbruchkante. Ein Naturschauspiel in der Mitternachtssonne. Die Bord-Uhr zeigt 0:20 Uhr an, viel schöner kann ein Tag nicht beginnen. Blauer Himmel, blaues Meer und Millionenjahre altes, blau schimmerndes Eis. Aberwitzig dieses Licht und Farbenspiel. Wir dürfen dieses Naturschauspiel erleben. Natur pur in einer Landschaft, die sich kaum in irgendein Objektiv zwängen lässt. Und so, als ob sie das Ganze überhaupt nichts anginge, rekelt sich gelangweilt auf einer Eisscholle liegend, eine Bartrobbe in der Mitternachtssonne. So nahe wie es eben geht manövriert Kapitän Hansen die „Albatros“ an den Gletscher, wendet  und dreht das Schiff quer zur Abbruchkante. Wir können nur schauen und staunen, und genießen dieses erhabene Erlebnis in atemloser, ehrfurchtsvoller Stille. Ich sehe in die Gesichter der umstehenden Passagiere und bemerke, dass auch sie, genau wie ich, Tränen in den Augen haben und diese Passage ergriffen genießen.

Und hier der Traum vom Paradies schlechthin. Lasst Euch von mir in das Südseeparadies Bora-Bora entführen. Bora Bora, der Südseetraum überhaupt – leider finde ich kein Wort, das Traum noch übertrumpfen kann. Bora Bora, dieses Synonym für Südseeromantik. Und wir sind jetzt und heute hier auf Bora Bora. Ich fasse es kaum, kann mich bitte mal jemand kneifen, damit ich Gewissheit habe, dass dieses hier kein Traum ist. Die Einfahrt in die berühmte Lagune von Bora-Bora. Dieses ergreifende Panorama vergisst Du nie mehr in deinem Leben. Jede Sekunde, jede Minute nehmen wir auf und speichern es in unserer Seele… Später beim Baden, bei über 35 Grad Lufttemperatur, bringen die 32 Grad Wassertemperatur in der Lagune nur eine geringe Abkühlung. Mein Göttergatte und ich beschließen im selben Moment: … aus diesem Wasser gehen wir freiwillig nie mehr wieder hinaus. Hunderte bunte Korallenfische wirbeln um unsere Beine, sogar einen Baby-Manta entdecke ich. Wieder Glücksgefühle pur. Auf den Rückend liegend genieße ich das badewannenwarme Wasser, schaue auf die, sich im Wind wiegenden Palmen der kleinen Insel. Unser einheimischer Reiseleiter, in voller Montur bis zur Brust im  Wasser stehend, serviert uns während des Badens kleine Erfrischungen. Unbeschreiblich! Kann mal jemand der Welt befehlen, dass sie sich sofort aufhört zu drehen? Diese Glücksmomente muss man festhalten und speichern. Unwiederbringliche Augenblicke. So stell ich mir das Paradies vor. Ja, so muss es sein! Für einige Stunden konnten wir erleben, was uns vielleicht irgendwann einmal erwartet. Paradiesische Bilder. Man sieht sie mit den Augen und sie berühren die Seele, diese Augenblicke sind für immer in unseren Herzen eingebrannt.

Foto: Erika Jantz

Foto: Erika Jantz

Auch Ausfahrten sind Träume…

Ein weiteres emotionales Highlight die Einfahrt und Ausfahrt aus Sydney. Unsere erste Kreuzfahrt bescherte uns eine unvergessliche Ausfahrt. Strahlend blauer Himmel, türkisblaues Wasser, hunderte, mit weißen Segeln bestückte Boote begleiten unser Schiff. Die Auslaufmelodie: „Wir wollen nun auseinander gehen, es muss geschieden sein, darf keine Hoffnung mehr bestehen auf ein beisammen sein…“ Leute, wie haben wir geheult! Wir ertranken geradezu im eigenen Tränenmeer. Jahre später – ein anderes Schiff und wieder Sydney.

Foto: Erika Jantz

Foto: Erika Jantz

Die Kabinenlautsprecher stehen auf maximale Lautstärke. Die Musik: „Conquest of Paradise von Vangelis“ trifft uns wieder einmal mitten ins Herz. Die „Albatros“ unterquert das Stahlkunstwerk der Harbour Bridge. Vor uns zeigt sich die Oper im Scheinwerferlicht. Hinter dem Hafen glitzern die Hochhaustürme der Stadt wie  Weihnachtsbäume am Heiligen Abend. Sydney die Schöne, zeigt sich zum Abschied von ihrer besten Seite. Genau in diesem Augenblick betätigt Kapitän Hansen das Typhon der Albatros. Dreimal ertönt es satt und kräftig über das nächtliche Sydney. Das erste Mal steht für: Auf Wiedersehen Sydney! Das zweite Mal soll sagen: Danke, es war sehr schön bei Euch! Das dritte Mal ein Versprechen: Wir kommen wieder! Wohl jedes Körperhaar stellt sich in diesem Augenblick bei uns senkrecht. Wir frieren! Das ist heute alles Zuviel für mich, und ich lasse meinen Tränen freien Lauf. Tröstend nimmt mein Göttergatte mich in seine Arme, auch er kämpft um seine Fassung und seine Augen füllen sich mit Tränen. Bei einer Seereise liegen die Begriffe Ankommen und Abschied nehmen, ganz dicht beieinander. Wir müssen immer wieder Abschied nehmen, damit wir offen für Neues sind!

Sonnenuntergang auf Kreuzfahrt

Foto: Erika Jantz

Ich träume weiter und möchte Euch teilhaben lassen an den Sonnenuntergängen auf See. Es ist das aufregendste Theater der Welt: Abends, wenn eine seidige Brise die Hitze davon schiebt und ein spektakulärer Sonnenuntergang den Tag krönt. Das Licht der untergehenden Sonne streift die Wolken und taucht sie in alle nur vorstellbaren Rot- und Orangefarben. Diese verfließen am Firmament um sich doch letztendlich wieder zu vereinen und sich in einem neuen Farbgemisch zu präsentieren. Wie mit riesigen Tentakeln greifen die Wolken nach der Sonne um sie, so scheint es fast, am Untergehen zu hindern. Dieses himmlische Spiel zwischen Wolken und Sonne lässt den Himmel erröten und zaubert eine dramatische Lichtstimmung. An Deck ist es still geworden, als erwarte man einen Engel, der als krönenden Abschluss aus diesem Licht, in diese Stimmung, einfach vom Himmel schweben muss. Niemand sah ihn und doch war er anwesend, denn wir konnten spüren, wie sein sanfter Flügelschlag unser Herz und unsere Seele berührte.

Lasst mich weiter von dem Erlebten träumen und Euch zum Schluss von den erhabenen Sternennächten an Bord erzählen. Später in der Nacht, wenn alles schläft unser tägliches Ritual. Schuhe aus und Barfuß über die noch sonnenwarmen Holzplanken zum Bug des Schiffes laufen. Dort ist es am dunkelsten, dort leuchten die Sterne am hellsten. Diese Tropennacht hat etwas ganz besonderes, vielleicht etwas magisches. Faszinierend die Klarheit und die Mengen an Sternen, die dicht bei dicht zu sehen sind. Fast wirkt der Himmel dreidimensional. Alles strahlt so hell und am Ende der Milchstraße leuchtet das Kreuz des Südens. Es ist so beeindruckend, man fühlt sich so unsagbar klein. Ich frage mich, eine solche Pracht kann doch nicht, einfach ohne Bedeutung für uns zu haben, sichtbar sein? Das Aufblicken zum Himmel lässt in uns die Demut wachsen. Wir kleinen Menschen sind dem gesamten All mit seiner unfassbaren Schönheit untergeordnet. Eine magische Nacht ist das heute, eine Nacht in der einfach alles stimmt. Die Ruhe, die Sterne am Himmel, das Plätschern der Wellen an die  Bordwand, ein zart streichelnder Wind und ein geliebter Mensch an meiner Seite. Es scheint alles so unwirklich, so mystisch, fast wie ein Traum. Wir werden noch viele dieser kostbaren Stunden erleben, aber diese Stunden heute Abend sind Momente der Einmaligkeit, sie lassen sich nicht wiederholen. Ich sage zum Schluss ganz einfach mal Danke. Danke, dass wir diese Stunden und diese Gefühle erfahren duften.

 

(Leserartikel: Erika Jantz)