Großsegler Eye of the Wind verliert Galionsfigur im Nordatlantik

Segelschulschiff Eye of the Wind verliert Galionsfigur im Nordatlantik – Frühlingssturm reißt maritimes Schmuckstück in die Tiefe des Meeres

Der Verlust wurde erst bei der Ankunft im Hafen bemerkt: Als der Großsegler Eye of the Wind am Ende einer Atlantik-Passage in St. Helier auf der Kanalinsel Jersey anlegte, waren Crew und Mitsegler nach einer windreichen Überfahrt wohlauf und gut gelaunt, doch es fehlte die Galionsfigur am Bug des Traditionsseglers.

Foto: Eye of the Wind / G. Raupp

Foto: Eye of the Wind / G. Raupp

Starker Seeschlag

Cornel Greth, Kapitän des 104 Jahre alten Windjammers, machte Seegang und schweres Wetter für den Schaden verantwortlich: “Auf dem Törn hatten wir einen Tag lang sehr raue See mit hohen Wellen von vorn. Starker Seeschlag muss die hölzerne Figur derart beschädigt haben, dass mit ihr ein massiver Haltebolzen aus seiner Verankerung gerissen wurde.” Der 33-jährige Skipper war vor allem über den Zeitpunkt des Abhandenkommens der Galionsfigur unglücklich: “Auf Jersey hat die Eye of the Wind ihren Heimathafen. Ausgerechnet hier ohne unser Schmuckstück einzulaufen, war sehr bedauerlich.”

Eine Wolke als maritimer Glücksbringer

Zuvor hatte das maritime Kunstwerk fast 39 Jahre an seinem Platz am Vorsteven des Zweimasters verbracht. Angefertigt wurde es im Anschluss an eine Restaurierungsphase des Schiffes bei dessen Jungfernfahrt unter dem neuen Namen Eye of the Wind im Jahr 1976. Der Australier Rodney Clarke, Bühnenbildmaler an der weltberühmten Oper von Sydney, schnitzte die Skulptur nahe der Galapagos-Inseln aus einem Stück Eichenholz. Das stilisierte Gesicht der Galionsfigur symbolisiert eine Wolke, die mit weit aufgeblähten Backen den Wind ausatmet, der das Schiff vorwärts trägt.

Ersatz wird angefertigt

Zu den Revieren des Segelschulschiffes gehören neben der Nord- und Ostsee auch der Nordatlantik, das Mittelmeer und die Gewässer der Karibik. Den Höhepunkt des diesjährigen Segel-Sommers bildet ein Schottland-Törn durch den Kaledonischen Kanal, das sagenumwobene Loch Ness und zu den Inneren Hebriden. “Spätestens zur Teilnahme an der SAIL Bremerhaven im August möchten wir dann unsere neue Galionsfigur präsentieren”, verrät Kapitän Greth. “Wie sie aussehen wird, bleibt bis dahin allerdings ein Geheimnis!” Den Herbst und Winter verbringt die Crew mit ihrem Schiff auf den Kanarischen Inseln und beim karibischen Insel-Hopping zwischen Jamaika, Kuba und den Bahamas. “Ein zweites Mal soll sich der Atlantik unsere Figur aber nicht holen”, hofft der Captain. Infos unter www.traditions-segler.de

Die Eye of the Wind – eine segelnde Legende mit Hollywood-Vergangenheit

Foto: Eye of the Wind

Foto: Eye of the Wind

Seit mittlerweile 104 Jahren kreuzt die seetüchtige Brigg über alle Weltmeere. Als Toppsegelschoner in Brake an der Unterweser gebaut, wurde das Schiff 1911 zunächst auf den Namen Friedrich getauft und in der Frachtschifffahrt eingesetzt. Nach mehreren Eignerwechseln und Namensänderungen, einer Strandung und einem Brand im Maschinenraum schien das Ende des Schiffes im Jahr 1970 unausweichlich. Stattdessen begannen englische Segelschiffs-Enthusiasten damit, den Rumpf komplett neu aufzuriggen. 1976 war der Zweimaster unter seinem neuen Namen Eye of the Wind dann bereit, großen Abenteuern auf See entgegen zu fahren. Einer Umrundung des Globus folgte die Expeditionsreise “Operation Drake” unter der Schirmherrschaft Seiner Königlichen Hoheit Prince Charles. Die majestätische Erscheinung des Großseglers erregte in der Filmbranche Aufmerksamkeit, und so trotzte die Eye of the Wind auch vor der Kamera wilden Stürmen, strandete, brannte aus und sank. Namhafte Hollywood-Stars wie Brooke Shields und die beiden Oscar®-Preisträger Tommy Lee Jones und Jeff Bridges nahmen auf dem Schiff das Steuerrad in die Hand. In “White Squall / Reißende Strömung” (1996) und anderen Abenteuerstreifen diente die segelnde Hollywood-Diva als Handlungsschauplatz und Filmkulisse.