Sie war der Stolz der Flotte – und eines der beliebtesten Schiffe für Jungkapitäne. Ende einer Dienstfahrt: Die „Bonn Express” wird recycelt
Nach 25 Jahren Liniendienst hat die „Bonn Express” der Hapag-Lloyd am 4. Februar 2015 um 16 Uhr in Aliağa in der Türkei für immer die Schiffsschraube abgestellt. Sie wird nun fachmännisch und umweltgerecht abgewrackt.
1988 war die „Bonn Express” – wie auch ihr Schwesterschiff „Heidelberg Express” – in der HDW Werft in Kiel gebaut worden. Am 14. März 1989 wurde sie in Hamburg feierlich getauft. Taufpatin war Marianne Freifrau von Weizsäcker, die Ehefrau des damaligen, kürzlich verstorbenen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker.
Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme galten die „Bonn Express” und die „Heidelberg Express” als die modernsten der Flotte. Kein Wunder: sie wurden auf Grund eines Forschungsprojekts namens „Schiff der Zukunft“ entwickelt – und sollten weltweit neue Maßstäbe setzen. Ziel des Programms, an dem sich unter anderem große Reedereien und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beteiligten, war es, die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit der Schiffe zu verbessern. Und vor allem das Schiffsinnere ergonomisch und lebenswert zu gestalten. Das Leben an Bord sollte bunter werden – und die Lebens- und Freizeitbereiche sollten so gestaltet sein, dass soziale Kontakte gefördert wurden.
„Die Bar an Bord – offiziell hieß sie Kommunikationszentrale – war etwas ganz Besonderes: Sie war rund, so dass man sehr gut mit allen ins Gespräch kommen konnte. Der Blick nach draußen war großartig. Und wer wollte, konnte direkt von der Bar nach draußen auf Deck gehen. Leider fiel die Bar aber einige Jahre später einem Umbau zu Opfer, denn es mussten zusätzliche Kammern eingebaut werden“, so erinnert sich Hapag-Lloyd Kapitän Ulrich Kroll.
Neu an Bord waren aber unter anderem auch die Ruderhäuser mit optimierter Rundumsicht und die am Heck angebrachten Freifallrettungsboote – eine Premiere auch für Hapag-Lloyd.
Für Kapitäne war die „Bonn Express” etwas Besonders. Denn fast alle haben ihre Laufbahn auf diesem Schiff begonnen. Marcus Müller, heute Inspektor bei Hapag-Lloyd, hatte 2001 seine Jungfernfahrt als Kapitän: „Die Bonn Express war geradezu handlich, sie war ungemein wendig und klein – und ließ sich dadurch viel einfacher manövrieren als alle anderen Schiffe.“ Kein Wunder: mit einer Länge von 235 Metern und einer Breite von 32 Metern gehören „Bonn Express” und „Heidelberg Express” zu den kleinen Schiffen der Hapag-Lloyd Flotte. Zum Vergleich: die heutige „Hamburg Express“ ist 366 Meter lang und 43 Meter breit. Und während die „Bonn Express” bis zu 2.803 Standardcontainer (TEU) transportieren konnte, schafft die Hamburg Express 13.169 TEU.
Die „Bonn Express” hatte in den 25 Jahren ihrer Dienstzeit die Welt gesehen: von Europa ging es meist an die Ostküste der USA, dann durch den Panamakanal – und von dort aus die Westküste der USA entlang. Danach wurde die Reise über den Pazifik nach Asien fortgesetzt. In den vergangenen Jahren wurde die „Bonn Express” vorwiegend für Transporte im den Golf von Mexico und im Mittelmeerraum eingesetzt.
Im türkischen Aliağa wird die „Bonn Express” nun auf einer Abwrackwerft entsprechend den europäischen Umwelt-und Sozialstandards entsorgt. Damit stellt Hapag-Lloyd sicher, dass „Old Ladys“ nach jahrzehntelanger Fahrt nicht unter fragwürdigen Umwelt- und Arbeitsbedingungen an den Stränden von Indien, Pakistan oder Bangladesch enden.
Nach der „Bonn Express” wird im Sommer 2015 auch die „Heidelberg Express” ihre letzte Reise in die Türkei antreten. Damit endet auch bei Hapag-Lloyd ein besonderes Kapitel: das letzte in Deutschland gebaute Containerschiff der Reederei wird dann ein Fall für die Geschichtsbücher sein.