Mutterschiff sucht Tochterboot
Historische Spur verliert sich an der Unterelbe – wer hat Hinweise?
Auf dem Seenotkreuzer BREMEN wurde im Jahr 1953 erstmals ein in einer speziellen Heckwanne „huckepack“ mitgeführtes Tochterboot erprobt. Das Konstruktionsprinzip aus Mutterschiff und Beiboot bewährte sich und ist heute das charakteristische schiffbauliche Merkmal für alle großen Einsatzfahrzeuge im deutschen Seenotrettungsdienst. Der ehemalige Versuchskreuzer BREMEN steht mittlerweile unter Denkmalschutz, das Tochterboot wird fieberhaft gesucht. Die letzte Spur führt an die Unterelbe …
Zu Beginn der 1950er-Jahre wurde bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS, Bremen) die Entwicklung eines damals innovativen Seenotkreuzer-Prototyps mit eigenständig operierendem Tochterboot in Angriff genommen. Diese schiffbauliche Neuerung wurde zunächst kostengünstig auf Basis eines bereits existierenden Rettungsfahrzeuges getestet. Ein 16 Meter langes Motorrettungsboot erhielt eine modifizierte Rumpfform, eine stärkere Antriebsmaschine, einen Turmaufbau, das in einer Heckwanne mitgeführte Tochterboot und schließlich den neuen Namen BREMEN.
Bewegte maritime Geschichte: Vom Hafenschlepper zum Technischen Denkmal
Die BREMEN war auf verschiedenen Rettungsstationen an der Nordseeküste im Einsatz für in Seenot geratene Menschen, bevor sie 1965 außer Dienst gestellt und verkauft wurde. Nach einer vorübergehenden Nutzung als Hafenschlepper auf der Weser wechselte das Schiff 1972 erneut den Eigner und hatte als Privatyacht fortan seinen Heimathafen in Hamburg-Finkenwerder. Vor einem Jahr wurde es auf Grund seiner hohen schiffahrtsgeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt, nachdem das Bremer Kulturforum Speicher XI den Seenotrettungs-Veteranen angekauft und zurück an seine Entstehungsstätte überführt hatte.
Tochterboot-Suche: Die Spur führt an die Unterelbe
Zeitgleich mit der Ausmusterung der BREMEN wurde 1965 auch deren Tochterboot verkauft, das übrigens keinen eigenen Namen hatte. Mündlichen Überlieferungen zufolge soll es als Gartenschmuck in der Hansestadt Stade an der Unterelbe gelegen haben, wo es in den frühen 1980er-Jahren letztmals gesichtet worden und anschließend restauriert worden sein soll. „Die BREMEN wurde kürzlich im Rahmen einer zweimonatigen Werftzeit in den farblichen Originalzustand von 1953 zurückversetzt“, erläutert Dr. Kai Steffen, Leiter des maritimen Denkmalprojekts. „Es wäre wünschenswert, unserer BREMEN ihr Tochterboot zurückgeben zu können, um auf diese Weise weiter zur optischen und technischen Vervollkommnung dieses historisch bedeutsamen Schiffes beizutragen.“
Wer hat Hinweise, Pläne oder Bilder?
Gesucht wird ein Beiboot von 5,08 Metern Länge und 1,80 Metern Breite, das möglicherweise viele Jahre lang in einem Stader Garten oder Vorgarten als Blumenkübel diente und heute vielleicht wieder im Bereich der Unterelbe zwischen Hamburg und Brunsbüttel bzw. Cuxhaven in Fahrt ist. Besonderes Kennzeichen ist die Anzahl von zwei Schiffsschrauben – für ein Boot dieser Größe eher ungewöhnlich. „Wir möchten dem Eigentümer sein Boot selbstverständlich nicht wegnehmen“, stellt Denkmalpfleger Steffen klar. „Zunächst ist unser Ziel, das Boot zu finden und genau zu vermessen, um einen identischen Nachbau herstellen zu können.“ Der Seenotrettungs-Enthusiast ruft alle Wassersportler, Skipper und Spaziergänger dazu auf, am Elbufer und im größeren Bereich der Unterelbe nach einem solchen Boot die Augen offen zu halten. Er vermutet das Boot im Umfeld einer maritim interessierten Person, vielleicht bei einem ehemaligen Seemann oder Werft-Mitarbeiter bzw. dessen Nachkommen. „Auch ein Volkswagen-Liebhaber wäre seinerzeit als Besitzer in Frage gekommen, denn das Boot wurde von zwei VW-Motoren angetrieben“, ergänzt der BREMEN-Experte hoffnungsvoll.
Wer Erinnerungen, Hinweise oder aktuelle Fotos zu dem beschriebenen Boot hat oder Angaben zu dessen Verbleib bzw. Weiterverkauf machen kann, wird gebeten, sich an folgende Adresse zu wenden:
Kulturforum Speicher XI / Versuchskreuzer BREMEN
Dr. Kai Steffen
Herderstrasse 14
28203 Bremen
Telefon: 0421-2348321
E-Mail: Tochterboot@SRK-BREMEN.de