Mein erstes Mal
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. An diesem Spruch von Matthias Claudius (1740 – 1815) ist auch fast 200 Jahre nach seinem Tod viel Wahres dran. Daher verreisen wir sehr gerne. Nur eine Kreuzfahrt, die hatten wir bislang noch nicht gemacht. Einerseits, weil wir dem Klischee erlegen waren, dass diese unverschämt teuer sind, zum anderen weil wir dachten, dies sei nur was für alte Leute. Andererseits lockte die Versuchung, einmal mit einem schwimmenden Hotel innerhalb von 14 Tagen die verschiedensten Destinationen zu entdecken, ohne stressige Zwischenflüge oder Busfahrten.
Als dann AIDA Cruises 14 Tage Karibik für nur 1.149 € inklusive Vollpension im Angebot hatte, konnten wir nicht mehr nein sagen, zumal Freunde von uns auch Lust hatten mitzukommen. Und so machten wir uns auf ins Reisebüro. Dort mussten wir allerdings erfahren, dass bei AIDA keine Flüge mehr zum Abfahrtshafen (La Romana, Dominikanische Republik) buchbar waren. Wohl einer der Gründe, warum die Reise so günstig angeboten wurde. Dank des Reisebüroinhabers war das am Ende jedoch kein Problem, da er uns noch einen individuellen Flug ordern konnte. Aufgrund einer Rückfrage bei AIDA wusste er, dass auch andere Gäste, die direkt bei AIDA Flüge buchen konnten, diesen Flug nehmen würden. So waren wir uns sicher, auch noch rechtzeitig zum Schiff zu gelangen, da AIDA wohl zumindest auf diese Gäste warten würde. Nur für den Rückflug mussten wir einen zusätzlichen Tag in einem Hotel einplanen, da sonst keine passenden Flüge mehr zu haben waren.
Gesagt, getan. An einem kalten Samstag im Februar ging es los. Wir flogen zunächst von Frankfurt nach Punta Cana. Ca. 11 Stunden Flug kamen wir dort an. Der Flughafen war niedlich, um es mal so zu sagen, schilfgedeckte Häuschen, alles sehr übersichtlich. Aber auch sehr heiß. Karibik eben. In der Empfangshalle fanden wir schnell einen Ansprechpartner von AIDA und fragten ihn, ob in dem Shuttlebus zum Schiff nach La Romana noch vier Plätze frei seien. Einen richtigen Überblick hatte man wohl nicht, denn eine Aussage dazu treffen konnte man erst, nachdem alle Gäste, die direkt bei AIDA den Flug gebucht hatten, eingestiegen waren. So standen wir bei sengender Hitze ca. 30 Minuten neben dem Bus und warteten. Um es noch zu erwähnen: Wir hatten natürlich bereits in Deutschland angefragt, ob wir zumindest den AIDA-Shuttle-Bus nehmen könnten, wenn schon keine Flüge mehr von AIDA buchbar seien. Das schien wohl organisatorisch ein Riesenproblem darzustellen, denn eine entsprechende Zusage konnte man uns nicht machen.
Letztlich hatten wir Glück und fuhren nun, vollends beruhigt und voller Vorfreude auf einen schönen Urlaub mit den anderen Reisenden zum Schiff. Dort angekommen, sahen wir ihn auch schon. Den typischen AIDA-Kussmund. Doch zunächst hieß es wieder warten. Check-In für das
Schiff. Trotz mehrerer Schalter dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis wir endlich an Bord konnten. Die Orientierung an Bord klappte ganz gut. Alles war sehr farbenfroh gestaltet. Auch unsere Kabine gefiel uns sehr gut. Ausreichend groß, zweckmäßig eingerichtet und sehr sauber. Dass es “nur” eine Innenkabine war, also ohne Fenster oder Balkon, empfanden wir nicht als Mangel. Schließlich wollten wir etwas erleben und nicht die ganze Zeit in der Kabine verbringen.
Die erste Nacht verbrachten wir weitestgehend ohne Schlaf, der Zeitumstellung und der Aufregung wegen. Wir saßen an Deck, genossen die Wärme und träumten ein wenig davon, was uns wohl die nächsten Tage erwarten würde.
Den ersten Tag auf dem Schiff verbrachten wir auf See, während die AIDAvita Kurs auf Jamaika nahm. Genug Zeit also, das Schiff kennenzulernen. Auch wenn die AIDAvita eines der kleinsten Schiffe der AIDA-Flotte ist, gab es genug zu sehen. Es ist schon beeindruckend, wenn man an Deck steht und weit und breit nur Wasser, wohin das Auge reicht. Vor allem tat die Sonne gut, waren wir doch eben erst dem tristen Februar-Wetter in Deutschland entkommen.
Nach einem ordentlichen Frühstück in einem der Selbstbedienungsrestaurants an Bord, kamen wir am nächsten Morgen in Montego Bay auf Jamaika an. Da wir zu viert waren, haben wir uns, ohne einen Ausflug auf dem Schiff zu buchen, auf eigene Faust aufgemacht. Unser Ziel, der Dunn’s River Wasserfall. Im Hafengebäude wurden wir auf der Suche nach einem Transport auch schon fündig. Für kleines Geld bekamen wir einen Mini-Bus samt Fahrer und englischsprachiger Reiseführerin. Während der Fahrt zum Wasserfall erklärt uns die Reiseführerin die Gegend, erzählt uns etwas über die Geschichte des Landes, so dass keine Langeweile aufkommen kann. Dort angekommen, ziehen wir uns unsere Wasserschuhe an und begeben uns mit anderern Touristen zum Ausgangspunkt. Zunächst beobachte ich das Treiben nur aus sicherer Entfernung, mit der Kamera bewaffnet und amüsiere mich, wie alle händchenhaltend durch das Wasser den Fall emporsteigen. An einer Zwischenstufe wage ich dann auch den “Sprung” ins kalte Wasser. Es ist angenehm kühl und macht Spaß. Der Ausflug hat sich gelohnt.
Danach fahren wir zurück nach Montego Bay. Diesmal ist die Reiseführerin doch eher schweigsam. Das ist aber nicht schlimm, da sie ja alles erzählt hat und wir auch ein wenig unsere Ruhe haben wollen.
Da wir noch viel Zeit haben, ehe wir wieder auf dem Schiff sein müssen, lassen wir uns noch zu einem hübschen Privatstrand fahren.Die Cocktails, die man uns dort bringt, sind mit frischen Zutaten zubereitet und schmecken sehr lecker. Pina Colada in der Karibik, das muss man einfach mal erlebt haben.
Nach einem weiteren Seetag kommen wir am 9. Februar in Mexico an und setzen mit einem Fährboot nach Cozumel über. Diesmal sind wir mit einem gebuchten Ausflug unterwegs. Wir wollen die Pyramiden von Chichén Itzá entdecken. Daher geht es nun mit großen, zum Glück klimatisierten Reisebussen auf eine ca. dreistündige Fahrt. Der Reiseführer ist bewunderswert, schaffte er es doch tatsächlich, uns die ganzen drei Stunden am Stück etwas über Land und Leute zu erzählen. Und das, ganz ohne Luft zu holen. Nach solchermaßen gefühlten 8 Stunden Busfahrt sind wir froh, endlich da zu sein. Die Pyramiden erkunden wir dann weitestgehend allein, weil wir nicht mehr aufnahmefähig sind. Leider kann man nicht mehr auf die Pyramiden hinaufklettern. Aber auch so ist es sehr beeindruckend, was die Menschen vor Hunderten von Jahren mit der damaligen Technik alles fertiggebracht haben. Und alles hat neben der religiösen Bedeutung auch Bezüge zur Mathematik, der Astronomie und zum Kalender der Mayas.
Das Mittagessen, welches wir dort bekommen, hält leider nicht, was man angesichts der üpiigen und wohlschmeckenden Auswahl an Bord der AIDAvita gewohnt ist. Der Fehler war wahrscheinlich, dass die einheimischen Köche versucht haben, europäisch zu kochen. Schöner wäre es gewesen, wir hätten einheimische Gerichte bekommen. Nun ja, man kann nicht alles haben und so ein kleiner Fehlschlag lässt einen das übrige Angebot der Reise um so mehr schätzen.
Auf der Rückfahrt, kommen wir ins Staunen. Neben kleinen, unscheinbaren, mit Stroh gedeckten Hütten sehen wir oftmals große dicke Autos stehen. Anscheinend eine eigenwillige Art der Prioritätensetzung.
Der nächste Tag verspricht ein sportliches Programm. Kajakfahren auf Belize. Ein Boot bringt uns zunächst zu einer kleinen Privatinsel, wo wir dann mit den Kajaks in die Mangroven der Insel aufbrechen. Maurice, unserem einheimischen Guide wird es leider nicht leicht gemacht, uns die Geheimnisse der Landschaft zu zeigen. Die meisten Mitreisenden unterhalten sich leider sehr laut, der Begleiter vom Schiff fährt sein privates Rennen gegen sich selbst, so dass die meisten Vögel und Tiere, die man sonst ggf. hätte entdecken können, sich nicht blicken lassen. Trotzdem ist es eine schöne Tour, an deren Ende Maurice ein besonders dickes Trinkgeld bekommt. Hat er doch ohne zu murren, ab und an ertragen, unser Paddel in die Seite zu bekommen, weil wir versehentlich zu dicht aufgefahren sind, wenn er uns etwas zeigen wollte.
Anschließend begeben wir uns noch an einen schönen, mit Palmen bewachsenen Strandabschnitt, wo wir vier zunächst unter uns bleiben können. Und, Klischee pur, zwischen den Palmen, in Hängematten liegend, die Seele baumeln lassen können. Und ein paar Cocktails gibt es oben drauf. Sehr schade, dass wir bald wieder auf das Schiff zurück müssen. So erleben wir den Nachteil, die eine Kreuzfahrt mit sich bringt. Die Orte, die einem besonders gut gefallen, muss man schon nach einem oder zwei Tagen wieder verlassen. Man kann sich nur damit trösten, dass man bekanntlich gehen soll, wenn es am schönsten ist. Dieser Tag in Belize wird auf jeden Fall unvergesslich bleiben.
Am dritten Seetag dieser Reise relaxen wir an Bord, besuchen den Pool, lesen, bummeln und faulenzen einfach herum. Den Abend lassen wir mit einer der Shows im Theater ausklingen. Wir sitzen dabei ziemlich weit vorne. Hätte ich gewusst, dass ich Teil der Show würde, wäre meine Platzwahl wohl anders ausgefallen. So muss ich den Assistenten spielen, als es darum geht, das beste Stück mit auszuwählen. Dank eines frechen Mundwerks habe ich die Lacher auf meiner Seite und zum Dank bekomme ich einen Gutschein für die AIDA-Bar.
Grand Cayman begrüßt uns mit bedecktem Himmel. Da der Hafen nicht dafür geeignet ist, tendern wir an Land. Von dort geht es mit dem Bus ein Stück weiter. Wir steigen auf Boote und fahren zum Schnorcheln. Besonderes Higlight dieser Tour ist die Begegnung mit den Rochen. Angefüttert von den Guides wimmelt es bald nur so von diesen großen eleganten Meeresbewohnern. Die Ermahnung zuvor, sich den Tieren ja nur von vorne zu nähern, wird schwierig einzuhalten, so viele schwimmen um uns herum. Aber es ging alles gut, wir konnten die Tiere anfassen und sogar küssen. Mit den Fotos und Videos davon verdienen die Einheimischen ihren Lebensunterhalt.
Nachdem wir, wieder an Land, einen kleinen Imbiss bekommen haben, haben wir Zeit, am Strand in der Sonne zu liegen oder zu schwimmen. Letzteres ist allerdings ziemlich gefährlich geworden, hat der Wind doch aufgefrischt. Die Wellen hauen einem teilweise die Beine weg, so dass man das Gleichgewicht verliert und unter Wasser gedrückt wird. Es dauert schon etwas, bis man wieder hoch kommt. Kein schönes Gefühl, über den Kiesboden gezogen zu werden und nichts dagegen machen zu können. Das könnte auch erklären, weshalb der kleine Junge, den ich zuvor von der Strandliege gesehen hatte, so geweint hat. Nach diesem Erlebnis ziehe ich es vor, mich in meiner Liege auszuruhen.
Das inzwischen sehr unruhige Meer verhindert auch das pünktliche Ablegen des Schiffes, da die Tender Probleme haben, die Leute aufzunehmen. Die Wellen lassen die Boote wie Spielzeug auf dem Wasser hüpfen. Höhenunterschiede von bis zu einem Meter oder mehr sind nicht selten. Schwierig, einzusteigen.
Aber die Crew ist erfahren und nach über 4 Stunden Wartezeit und so mancher Träne bei den Passagieren sind alle gut an Bord angekommen. Sogar die Frau mit dem Rollstuhl.
An Bord selbst merkt man den Wellengang fast gar nicht mehr. Der Kapitän hat die Stabilisatoren ausgefahren und so steht dem leckeren Abendessen nichts mehr im Wege.
Am übernächsten Tag legen wir in Santo Domingo (Dominikanische Republik) an. Da der Hafen direkt an der Stadt liegt, verzichten wir auf einen gebuchten Ausflug. Vielleicht hätten wir besser auch ganz auf einen Ausflug verzichten sollen. Was wir gesehen haben, hat uns doch sehr erschreckt. Stromkabel, die von oben bis auf Kniehöhe durchhingen, kaputte Häuser und Fassaden und manch unheimliche Gestalt, die uns begegnet ist. Alles in allem ein bedrückendes und etwas unheimliches Gefühl. Wir verzichten daher darauf, auch die Nebenstraßen zu erkunden und kehren bald zum Schiff zurück, wo uns die Rosenmontagsparty am Abend wieder auf andere Gedanken bringt.
Auf Tortola, dem nächsten Ziel unserer Reise trennen wir uns. Ich möchte unbedingt “The Baths” sehen, den Nationalpark, dessen Felsenstrand mich schon vom Foto sehr beeindruckt hat. Die anderen gehen lieber schnorcheln. Dank des Bordshops, der auch Unterwasserkameras führt, hoffe ich, zumindest später auch davon noch ein gewissen Vorstellung zu bekommen.
“The Baths” ist phantastisch. Inmitten der riesigen Felsen kommt man sich sehr klein vor. Gut, dass ich eine große Speicherkarte für meinen Fotoapparat habe. Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Den Sandstrand zwischen den Felsen kann man nur empfehlen. Weißer Sand, fein wie Puder, strahlendblauer Himmel und Sonne satt. Der einzige Nachteil, alleine hat man niemanden, der auf die Sachen aufpasst, wenn man ins Wasser geht. Trotzdem genieße ich das kühle Wasser.
Als ich mich am Nachmittag mit den anderen treffe, muss ich leider hören, dass die Fotos wohl nichts geworden sind. Der Film war schon leer, bevor die eigentliche, schöne Stelle zum Schnorcheln kam. Nun ja, da kann man nichts machen. Wir besuchen das Pussers Landing, eine urige Kneipe und probieren auf Empfehlung unseres Scouts das Hausrezept, einen leckeren Cocktail mit viel Rum, “Painkiller” genannt. Serviert wird in Blechtassen, die man als Souvenir mit nach Hause nehmen darf, das Rezept inklusive.
In Philipsburg (St. Maarten) entdecken wir am nächsten Tag, dass Schiff nicht gleich Schiff ist. Neben der vergleichsweise kleinen und niedlichen AIDAvita liegt die Oasis of the Seas, ein Schiff der Extraklasse und zum damaligen Zeitpunkt das größte Schiff der Welt. MIt 360 m Länge ist es cirka 160 m größer als die AIDAvita. Sie macht schon einen imposanten Eindruck. Allerdings sind wir letztlich doch mit unserer AIDA ganz zufrieden, als wir sehen, wie lange es dauert, die vielen Passagiere (2704 Kabinen) wieder an Bord zu bringen. Schließlich will ja jeder kontrolliert sein.
Wir machen uns auf den Weg zur Schmetterlingsfarm La Ferme des Papillons. Über 600 verschiedene Schmetterlingsarten sollen es sein, die man dort besichtigen kann. Alle haben wir sicherlich nicht entdeckt. Aber ein tolles Erlebnis war es gleichwohl. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Aber irgendwie haben die bunten Falter das gewisse Etwas. Nicht umsonst nannte man sie wohl im Altgriechischen “Psyche” (Hauch, Atem, Seele). Glücklich und viel tolle Fotos im Gepäck besuchen wir dann unsere Freunde am Strand, bevor wir gemeinsam zum Schiff zurückkehren.
Die Reise nähert sich langsam ihrem Ende. In Roseau (Dominica) entschließe ich mich dazu, statt einer Radtour bei 30 Grad und 90 % Luftfeuchtigkeit, lieber den Botanischen Garten anzuschauen. Nun, sagen wir mal so, es war ganz nett. Leider hat der Botanische Garten, der zu den besten der Karibik zählte, nach dem schlimmen Hurrican David, der 1979 weite Teile der Karibik zerstörte, seinen ehemaligen Status nicht wieder erreicht.
Am Nachmittag erfahre ich dann, dass meine Wahl die richtige war. Die Radfahrer haben eine anstrengende Tour hinter sich und doch recht oft den Straßenstaub der LKW schlucken müssen, die sie überholt haben.
Nun ja, auf unserem letzten Seetag, der uns zurück nach La Romana, unserem Ausgangspunkt führt, hatten wir alle noch einmal genügend Zeit, uns zu erholen.
(Gastautor André M.)