Zu Beginn des Old Shipyard Festivals führte der Moderator Uwe Bahn das größtenteils sehr junge Publikum mit der Show „Ship Happens“ auf amüsante und rockige Weise in die Thematik der „Kreuzfahrt“ ein. Anschließend stellte er sich den Fragen von Schiffsjournal.de.
PAPENBURG. Zurzeit befindet sich zwar ein Kreuzfahrtschiff im Hafen der Meyer Werft, ein großes Festival oder eine Schiffstaufe war für diesen Sommer in Papenburg aber nicht geplant. Aus diesem Grund stampfte die Papenburg Marketing GmbH das „Old Shipyard Festival“ aus dem Boden. Während die „Norwegian Encore“ im Hafen der neuen Werft liegt, traten am 30.08.2019 in der Stadthalle im „Forum Alte Werft“ bei einem Konzert mit Club-Charakter die Schweizer Pop- und Soulsängerin Stefanie Heinzmann und der Liedermacher Joris vor etwas mehr als 1.000 Besuchern auf.
1. Du bist in der Nähe von Hamburg geboren, ein Bezug zur Seefahrt liegt daher nahe. Wie ist die Faszination bzw. das Interesse für „Kreuzfahrten“ bei Dir entstanden?
Das muss tatsächlich genetisch bedingt sein: Zum einen liegt es wohl tatsächlich an der Nähe zu Hamburg, zum anderen war mein Opa Kapitän auf Eisbrechern und hat Versorgungsschiffe auf der Elbe gefahren. Mein Vater hat auf der Hitzler Werft gearbeitet und Schiffsmotoren konstruiert. Ich bin also wirklich nah am Wasser gebaut, auch genetisch. Ich hatte natürlich, von meinem Geburtsort Lauenburg, nur die kleineren Schiffe auf der Elbe in Richtung Hamburg fahren sehen. Doch ich wusste: Hinterm Horizont geht es weiter, auch wenn die Seefahrt dann lange Zeit keine Rolle in meinem Leben spielte. Es ging dann erst wieder los, als ich 2002 die „Astor“ betrat. Ich war zwar der jüngste an Bord aber ich war wirklich angetan von dieser Art des Reisens. Es war eine Tour, die in Nassau begann und durch die ganze Karibik führte. Ich war vorher noch nie dort und habe in diesen 14 Tagen so viel auf einmal gesehen: Guatemala, Belize, New Orleans über Nacht, Florida, Jamaika und Honduras. Ich habe mir überlegt, wenn ich diese Orte alle einzeln mit einem Flugzeug anfliegen würde, wieviel Urlaube das dann wohl wären? Da war dann für mich klar, dass die Kreuzfahrt eine tolle Art des Reisens ist.
2. Wie kam es zu dem Konzept „Stars at Sea“ und wie hat alles angefangen?
Ich hatte schon früh gehört, dass es in Amerika Themenreisen mit Musik gibt. Ich habe mich immer viel mit Musik beschäftigt und hatte allein durch NDR 2 ja viel damit zu tun. Wie es schon John Miles gesungen hat: „Music was my first love and it will be my last“. Musik hat mich nie wirklich losgelassen.
Als ich damals von der Astor zurückkam hatte ich erfahren, dass es in Amerika eine sogenannte „Blues Cruise“ gibt. Das hatte ich immer so ein bisschen im Hinterkopf, dass man Kreuzfahrten und Musik verbinden kann. Die Bordunterhalter an Bord haben mich teilweise auch von den Schiffen vertrieben, weil sie wirklich grauenhafte Musik machten. Wenn ich dann so einen Foxtrott aus „Muss i denn zum Städtele hinaus“ mit Modern Talking gemischt höre, treibt einen das eher von den Schiffen hinunter. Ich wusste, da kann mehr möglich sein. Dann hatte Udo Lindenberg mich 2008 kontaktiert und mir gesagt, er wollte mit seinen Fans in See stechen. Er hat meine Kreuzfahrt Guides durchgelesen, vielmehr hat er sie durchgearbeitet und abgeliebt wie einen Teddybär. Udo hatte sich auch schon die „Albatros“ als Schiff ausgesucht. Ich habe ihm aber gesagt, dass ich glaube, dass wir ein anderes Schiff nehmen sollen: Mit TUI Cruises kommt was Neues auf den Markt, dort haben sie mit Richard Vogel einen neuen guten Chef, der für Innovationen offen ist. Richard Vogel ließ sich auch schnell von dem Konzept überzeugen, zur Not hätten wir mit etwas Eierlikör nachgeholfen, das war aber gar nicht nötig. Es war dann eher Udo der meinte, dass das Schiff vielleicht zu groß wäre und man es nicht voll bekomme. Udo war zu diesem Zeitpunkt aber mit seinem Album „Stark wie zwei“ auf Platz 1 der Charts und ich habe ihm zu einem größeren Schiff von TUI geraten. Wenn er mit der „Albatros“ gefahren wäre, wäre das als wenn er mit Onkel Pö auf See fährt. Wir haben dann TUI genommen und es hat super funktioniert. Der erste Rockliner war nach 4 Tagen ausgebucht, aufgrund des Erfolges haben wir 2010 gleich den zweiten hinterhergeschickt und der war nach 4 Stunden ausgebucht. Damit war der Rockliner aus einer Idee von Udo Lindenberg geboren. Udo hatte die Idee und ich habe ihm im Prinzip auf das Schiff gebracht. Daraus ist eine tolle Freundschaft entstanden und die Liebe zur See teilen wir bis heute. Er nennt mich bis heute auch noch seinen Bootsmann.
Es war mir nun klar, dass das Prinzip Musik und Schiff funktioniert. Als Udo dann mal zwei Jahre keine Zeit für den Rockliner hatte wollte ich aber trotzdem unbedingt was machen. Ich habe dann die Marke „Stars at Sea“ gegründet und 2013 zum ersten Mal Peter Maffay auf die Queen Mary 2 geholt. Auch das war ein Riesenerfolg. Es wurde sogar erstmals der Dresscode geändert und wir durften Jeans an Bord der Queen Mary 2 tragen. Das war bis dahin undenkbar. „Stars at Sea“ entwickelte sich weiter und es folgten weitere Kreuzfahrten mit David Garrett, Fury in the Slaughterhouse oder Rock the Boat mit der MS Hamburg nach London.
Zusammen mit Holger Hübner und den Wacken-Jungs habe ich dann die „Cruise Company“ gegründet. 2013 sind die Wacken-Jungs mit der „Full-Metal-Cruise“ und ich mit „Stars at Sea“ angefangen, 2014 haben wir uns zur „Cruise Company“ zusammengetan.
3. Treten die Musiker eigentlich gerne auf Kreuzfahrtschiffen auf? Die Nähe zu den Fans ist ja zwangsläufig gegeben und für den Zeitraum der Kreuzfahrt nicht vermeidbar?
Das ist ganz unterschiedlich. Udo Lindenberg liebt es an Bord, den muss man im Prinzip irgendwann einsperren damit er nicht ständig unter die Leute geht. Also Udo ist jemand, der die Schiffe wirklich liebt. Beim ersten Rockliner hat er nachts um vier noch im Casino getrommelt. Auch David Garrett und Peter Maffay genießen es an Bord. Die nutzen dort ja auch die Annehmlichkeiten und die Infrastruktur.
Ich komme jetzt ja gerade von der „Bon Jovi Cruise“. Jon Bon Jovi schläft lieber an Land. Den mussten wir auf der letzten Fahrt jeden Abend in den Hafen von Palma bringen und morgens wieder abholen und zwar mit dem Kreuzfahrtschiff, nicht etwa mit dem Tenderboot. Tenderboot fährt Bon Jovi nämlich auch nicht. Wie das genau gelaufen ist kann man sich auch im “Stars at Sea Podcast” anhören. Aber ich sag mal: Bon Jovi darf das. Er war ja auch großartig. Er gab drei Konzerte an Bord, zwei Mal unplugged im Theater mit kleiner Besetzung und einmal “elektrisch” mit Band auf der riesigen Pooldeck-Bühne.
4. „Stars at Sea“ bietet Eventkreuzfahrten für jeden Musikgeschmack. David Garrett, Peter Maffay und Fury in the Slaughterhouse sind u. a. schon auf verschiedenen Schiffen aufgetreten. Kannst Du verraten was für die Zukunft geplant ist? Auf welche Stars, Musikrichtungen und Schiffe können sich die Gäste freuen?
Es könnte sein, dass wir uns noch internationaler aufstellen. Das halte ich nicht für unwahrscheinlich. Die Vielfalt kann man noch steigern. Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal die Produktion „Rock the Boat“ mit der MS Hamburg gemacht, die war gigantisch. Die MS Hamburg, ein kleines Kreuzfahrtschiff mit nur 400 Gästen mit der wir an die Tower Bridge gefahren sind. „The Rattles“ und „John Diva & the Rockets of Love“ rockten an Bord, dazu „We will rock you“-Vorträge, Workshops und jede Nacht das „Rock the Boat“-Kino mit den besten Rockkonzerten. Wir lagen direkt vor der Tower Bridge im Herzen von „rocking“ London und sind mit Musikern und Gästen gemeinsam in Konzerte an Land gegangen. Diese Kombination mit der Destination, wo man längere Zeit bleibt, geht nur mit einem kleinen Schiff und das planen wir auch nächstes Jahr wieder mit „The Sweet“ und anderen Bands an Bord. Die Idee hatte ich schon vor fünf Jahren, es gab aber vom Routing der Schiffe her aber vorher nie die Möglichkeit dazu. Oliver Steuber von Plantours gehörte dann aber auch zu den Visionären mit dem wir diese Idee umsetzen konnten und viele andere Sachen wie z.B. „Heimathäfen – Kreuzfahrt vor der eigenen Haustür“ gemacht haben.
5. Auch bei der mittlerweile legendären „Full Metal Cruise“ hast Du deine Finger mit im Spiel. Wie kam es zu dieser verrückten Idee ein ganzes Kreuzfahrtschiff mit Metal-Fans zu belegen und mit denen eine Kreuzfahrt mit lauter Musik und Freibier zu machen?
Das gab es in Amerika mit der „70000 Tons-of-Metal“ Kreuzfahrt auch schon vorher. Die Jungs aus Wacken, also meine Partner hatten das im Prinzip aber auch schon vorher geplant. Es fehlte aber noch der Link zur Kreuzfahrt. Die erste „Full-Metal-Cruise“ war ein voller Erfolg, sie war innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Metal-Fans an Bord funktioniert super. Auch die Crew der Schiffe sagt von den Gästen, dass sie die besten Passagiere sind. Die Gäste sind alle freundlich und nörgeln nicht. Die Metaller machen zum großen Teil sogar ihre Betten selbst. Die Stimmung zwischen den Metallern und der Crew ist einfach einzigartig. Es gibt sogar Wartelisten der Crewmitglieder, weil sie so gerne bei der Metal Cruise an Bord sind. Metal-Fans sind die besten Fans der Welt. Ich liebe die Metal-Fans und fahre wirklich total gerne mit den Jungs auf Kreuzfahrt.
6. Du wärst ja auch fast mal Lehrer geworden? Jetzt stehst Du auf der Bühne und unterrichtest die Zuhörer mit der Show „Ship Happens“ auf amüsante Weise im Fach „Kreuzfahrt“. Kommt da Deine Neigung zum Pädagogen noch zum Vorschein?
Es ist eine Mischung aus DJ und Pädagoge, ich möchte in keinem Fall einen trockenen Vortrag halten und mache deshalb viel mit Musik. Langweilige PowerPoint-Vorträge sind nicht so mein Ding. Die Leute sollen auf unterhaltsame Weise etwas über die Kreuzfahrt lernen. „Ship Happens“ beinhaltet neben der Geschichte der Kreuzfahrt auch eine längere Passage über das ganz aktuelle Thema Nachhaltigkeit. Auch das ist wichtig und darf heute nicht fehlen. Die Kreuzfahrtindustrie ist dort auch gefordert. Papenburg ist dabei ein Ort mit viel Kreuzfahrtvergangenheit, hier entsteht jetzt mit dem LNG-Antrieb aber auch viel technologische Kreuzfahrtzukunft. Die Kreuzfahrt macht zwar nicht mal 2 Prozent der weltweiten Schifffahrt aus, aber es ist halt medienwirksamer, wenn man die Kreuzfahrtindustrie an den Pranger stellt. Die restlichen 98 Prozent der Frachtschiffe werden gerne verschwiegen. Trotzdem muss etwas gemacht werden und ich finde, dass AIDA mit dem LNG-Antrieb sehr weit voran geht. Die Reedereien machen etwas und ich halte es auch für notwendig.
7. Machst Du privat Urlaub auf Kreuzfahrtschiffen? Wenn ja, bevorzugst Du die großen Schiffe oder eher die kleineren Schiffe?
Ich liebe die kleineren Schiffe, meine Lieblingsschiffe sind schon die, die Segel und Masten haben. Das sind für mich die schönsten Touren. Mich stört manchmal schon die Invasion an Kreuzfahrtschiffen in einigen Häfen. Wenn dann 20.000 Leute über St. Maarten herfallen ist das nicht schön. Das ist ein Punkt, den ich auch kritisiere. Ich finde manche Häfen und Reedereien einfach zu gierig. Die Gier könnte auch in Nachhaltigkeit oder andere Projekte investiert werden. Die Kreuzfahrt hat Regionen wie St. Maarten ja auch geholfen, nicht nur durch die Anläufe der Schiffe sondern auch durch Spenden z. b. nach dem Hurrikan Irma. Ich fahre bewusst gerne mit den kleineren Schiffen. Ob es dann privat oder beruflich ist kann ich nicht mehr so richtig unterscheiden, das überlappt sich dann beides.
8. Gibt es für Dich eine Lieblingsdestination zu der Du am liebsten mit einem Schiff reist?
Meine absolute Traumreise habe ich letztes Jahr gemacht und zwar mit der PAUL GAUGUIN durch die Atolle von Französisch-Polynesien. Bei Moorea und Bora Bora hat sich der Herrgott wirklich ganz große Mühe gegeben. Das war wirklich paradiesisch. Auch die Britischen Jungferninseln, wo ich häufig mit dem Segelschiff bin, sind ein Gesamtkunstwerk. Speziell die tolle kleine Insel Jost van Dyke liebe ich sehr.
9. Kreuzfahrtschiffe werden in letzter Zeit immer stärker unter dem Aspekt der Umweltverschmutzung stark kritisiert. Wie beurteilst Du die häufig einseitige Kritik an Schiffen und Reedereien?
Die Kritik ist grundsätzlich berechtigt, aber ich wünsche mir mehr Differenziertheit gerade von Blättern wie dem Spiegel, der jetzt gerade im Sommerloch nochmal richtig auf die Kreuzfahrt draufgehauen hat. Die Redakteure sollten wissen, dass der Laptop, mit dem sie ihre Kritik formuliert haben, auf dem Frachtwege unter Schweröldampf zu ihnen auf den Schreibtisch gekommen ist. Der Spiegel selbst bietet Leserreisen auf Kreuzfahrtschiffen an und im besagten Heft des Spiegels waren aber 6 Anzeigen von Automobilkonzernen. Das zum Thema Scheinheiligkeit. Die Kritik an der Kreuzfahrt in Sachen Overtourism und Nachhaltigkeit ist dennoch berechtigt und es muss etwas passieren. Es verändert sich ja auch schon unheimlich viel: Es fahren erste Schiffe mit LNG, auch wenn das vermutlich eher ein Provisorium ist auf dem Weg zum Hybrid-Modell oder anderen Energien. Aber es ist ein Ansatz. Die großen börsennotierten Unternehmen haben das Kapital um solche notwendigen Umrüstungen zu finanzieren. Ich sehe leider die Gefahr, dass gerade die kleineren Reedereien auf der Strecke bleiben könnten. Wenn jetzt so eine Reederei wie Phoenix oder Plantours blaue Engel am Schornstein haben wollen, wären das riesige Investitionen. Vielleicht sollten die großen Reedereien die kleinen irgendwie mit ins Boot holen und gemeinsame Lösungen finden. Die Kreuzfahrt lebt ja auch von ihrer Vielfalt. Sie lebt nicht nur von der Masse, Benidorm auf See kann nicht allein die Kreuzfahrt sein und auch nicht der Luxus wie auf der „Europa 2“. Es muss auch ein Segment dazwischen geben. Ich würde mir wünschen, dass die großen Reedereien die kleinen nicht einfach schlucken, sondern auch irgendwie am Leben erhalten.
10. Vervollständige bitte folgende Sätze:
Die perfekte Kreuzfahrt ist für mich… eine Reise mit tollen Zielen, wenn das Schiff eine gute Infrastruktur hat, Service und Gastronomie stimmen und wenn das Entertainment an Bord von Profis gemacht wird.
Ein Seetag ist für mich am schönsten,… wenn ich nicht zwischen 2.000 Handtuchbesetzern liegen muss.
Bei der letzten Frage muss ich das Thema nun komplett wechseln. Ich kann Dich (als ehemaligen Stadionsprecher des HSV) aber nicht ohne eine Fussballfrage gehen lassen.
Erstklassig spielt der HSV… hoffentlich in der nächsten Saison. In der letzten Saison wäre es zu früh gewesen. Die Saison jetzt ist noch jung, aber ich hoffe, dass es klappt. Ich habe das Gefühl, dass die mit Dieter Hecking und Sportchef Boldt auf einem guten Weg sind. Es wäre allerdings schade, wenn der HSV und Werder Bremen die Ligen tauschen würden.