10 Fragen an Dr. Alexander Hildebrand – Meteorologe (wetter.com)

Dr. Alexander Hildebrand ist Meteorologe und arbeitet seit vielen Jahren bei wetter.com. Er studierte an der Albert‑Ludwigs‑Universität in Freiburg. Seit 2003 ist er regelmäßig im Fernsehen zu sehen. Er reist für wetter.com-Reportagen in Gebiete mit extremem Wetter. Wir freuen uns, dass Herr Hildebrand sich unseren 10 Fragen stellte! Wer mehr von Alexander sehen möchte, besucht die Website  http://www.wetter.com/blog/alexextrem/.

Foto: Dr. Alexander Hildebrand

Foto: Dr. Alexander Hildebrand

Dr. Alexander Hildebrand in der Nähe der Arctowski-Forschungsstation, mehr als 14 Tausend Kilometer von Zuhause entfernt. Im Hintergrund die MS Hamburg.

1. Sie waren vor wenigen Wochen an Bord der MS Hamburg von PLANTOURS Kreuzfahrten. Wie hat Ihnen die Reise gefallen und gibt es Erlebtes, das Sie so schnell nicht vergessen werden?

Für einen Meteorologen ist eine Reise durch verschiedenste Klimazonen stets eine aufregende Angelegenheit. Erst ging es von den Kapverdischen Inseln, die ein Klima der Sahelzone haben, in die Tropen nach Brasilien. Nach längerer Zeit in den gemäßigten Klimaten von Argentinien und den Falkland-Inseln bin ich schließlich in die Antarktis gereist. Man hat mich also oft an Deck zur Wolkenbeobachtung und zur Überprüfung der Windrichtung gesehen. Niemals vergessen werde ich die vergletscherten Berge der Antarktis – besonders die Tage, an denen sie im strahlenden Sonnenlicht zu sehen waren.

2. Was zeichnet das Schiff und PLANTOURS Kreuzfahrten als Anbieter aus Ihrer Sicht aus?

Die MS Hamburg kann ja auf den Großen Seen in Amerika unterwegs sein, den Amazonas hinauf fahren und eben die Antarktis besuchen. Das sind natürlich alles hochinteressante Ziele mit spannendem Wetter. In die Antarktis dürfen aufgrund internationaler Bestimmungen ja nur die kleinen Kreuzfahrtschiffe. Die Antarktis ist genauso geschützt wie ein Naturschutzgebiet bei uns, und das ist dann sowieso schon was besonderes, mit einem Schiff dort unterwegs zu sein.

3. Die Antarktis gehört zu den magischsten Regionen dieser Erde. Beschreiben Sie das Gebiet bitte aus meteorologischer Sicht.

Wir haben die Antarktis im Süd-Sommer besucht. Die Temperaturen lagen um null Grad, nachts herrschte leichter Frost. Mit Sonnenschein ging es auch mal ins Plus, also das lief alles ohne Dramatik ab. Schließlich war uns der Wettergott noch wohlgesonnen und wir konnten fast immer aussteigen, wenn es geplant war. Das kann beim Auftreten von „Eiswinden“, die von den Gletschern herab wehen, dann schnell mal ganz anders sein. Ein großes Abenteuer ist auch die Fahrt durch die Drakestraße, denn dort ist es fast immer stürmisch mit starkem Seegang. Aber auch bei unserer Durchquerung war es ruhig und angenehm, da hat die MS Hamburg in dieser Saison später noch lebhafteres Wetter gehabt.

4. Am Nord- und Südpol erkennt man gegenwärtig die Folgen des Klimawandels mitunter am stärksten. Wie betrachten Sie die Erderwärmung und was könnte man tun um den entgegen zu wirken?

Durch meine Exkursion und die vielen Fachvorträge, die ich auf der MS Hamburg von den Experten gehört habe, bin ich jetzt eine Art „Botschafter der Antarktis“. Schon dieses Interview trägt dazu bei, den Stellenwert des südlichsten Kontinents bekannter zu machen. Ein Patentrezept gegen den Klimawandel kenne auch ich nicht, aber das Einsparen der fossilen Brennstoffe ist natürlich ein Schlüssel für die Eindämmung der Erderwärmung.

(Indizien dafür konnte ich jetzt in der Antarktis nicht sehen, aber ich weiß natürlich aus wissenschaftlichen Untersuchungen, die ich verfolge, wie sich das Wetter und das Klima an den Polen verändert.)

5. Was sind Ihre Aufgaben und wie gestaltet sich ihr Arbeitsalltag als Meteorologe, unter anderem für´s Fernsehen?

Mein Motto lautet ja: „Wetter ist immer und überall!“. Es ist erst mal Tag für Tag eine interessante Aufgabe, für Zuschauer und Besucher von wetter.com Wettervorhersagen zu produzieren. Meine Hauptaufgabe besteht darin, komplexe Zusammenhänge mit einfachen Worten für Jedermann zu beschreiben. Niemand darf merken, wie viel Kopfzerbrechen Wettervorhersage bereitet, bevor es dann „heiter oder wolkig bei 15 Grad“ heißt. Oder eben „sonnig und kalt, höchstens minus 2 Grad“, wie für die Antarktis!

6. Als studierter Meteorologe sind Sie Ansprechpartner Nummer Eins, was Unwetter & Co. betrifft. Ab welchen Wetterverhältnissen würden Sie jedem Hobby- als auch Berufskapitän raten, nicht auszulaufen?

Das kommt natürlich auf die Größe des Gefährts an! Mit einer Jolle auf dem Berliner Wannsee geht man sicher bei Windstärke 6 Bft. wieder an Land, aber einem hochseetauglichen Kreuzfahrtschiff kann ja selbst bei Windstärke 9 oder 10 nichts passieren.

7. Das Wetter auf See spielt eine enorm wichtige Rolle. Nicht selten wurden aufgrund schlechter Verhältnisse die Routen kurzfristig geändert oder Anläufe gestrichen. Warum können die Wetterlagen so kurzfristig umschlagen?

Die Atmosphäre ist ein chaotisches System und in vielen Klimazonen, in denen Kreuzfahrtschiffe unterwegs sind, ist das Unbeständige am beständigsten. Aber im Großen und Ganzen klappen ja die Anlandungen meist, sonst würde ja die Kreuzfahrtbranche nicht so boomen!

8. Welche Wetterquellen sind die Zuverlässigsten und gibt es sogenannte „Bauernregeln“ die man ernst nehmen kann? Was sind Apps oder Internetseiten, die Sie empfehlen können?

Testsieger gibt es nur einen: wetter.com! Aber außer dass ich natürlich die Webseite meines Arbeitsgebers empfehle, habe ich auf der Kreuzfahrt noch passageweather.com und windfinder.com verwendet. Beides sind Spezialwebseiten für die Seefahrt, beruhen aber auf dem auch anderswo verwendeten amerikanischen Wettermodell.

9. Verraten Sie uns bitte, welche Kreuzfahrt-Fahrtgebiete rein wettertechnisch an nahezu 365 Tagen im Jahr eine Empfehlung wert sind.

Ganzjährig lassen sich ja eigentlich nur die Tropen bereisen, denn in den gemäßigten Klimazonen und nord- und südwärts davon macht es ja im Winter nicht so viel Spaß. Wer Reiserouten aufmerksam studiert, merkt natürlich, dass Kreuzfahrtschiffe am liebsten im stabilen Wetter unterwegs sind. Nur im Nordsommer lässt sich Grönland besuchen – und nur im Südsommer die Antarktis!

10. Vervollständigen Sie bitte folgende Sätze:

Auf einem Kreuzfahrtschiff liebe ich es,… unterschiedlichste Klima- und Wetterzonen zu erleben.

Bei schlechtem Wetter… auf dem Schiff warte ich bei einem frischen Kaffee auf ruhigere See. An Land ignoriere ich schlechtes Wetter: Gute Jacke an und los geht’s!

Wer die Antarktis besucht, der sollte… eine gute Kamera dabei haben. Es ist das außergewöhnlichste Fahrgebiet, dass man sich vorstellen kann.